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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Band LIX
Seite - 174 -
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Kerstin Merkel174 englischen Kupferstich eine Frau auf einem Felsen, die auf das Meer hinausblickt (Abb. 16).58 Auch dieses Bild wurde gerahmt, für Ferdinand sicher eine willkommene Wertschätzung seines Talents, an dem er hartnäckig arbeitete. Er begann 1810 auf eigenen Wunsch mit dem Bauzeichnen und erhielt dann Malunterricht bei Carl Ruß.59 Ein freier Ma- ler wurde Ferdinand nie, seine Stärke lag deutlich bei Architektur und Landkarten. Ansonsten blieb Ferdinand mit seinen Ge- schenken an Franz doch auf der sicheren Seite, indem er weiterhin Kupferstiche kolorierte, so am 12. Februar 1809 wieder zum Namenstag von Franz sehr professionell einen Kupferstich dem Gemälde „Lady Smythe und ihre Kinder“ von Joshua Reynolds (Abb. 17). Der Stich stammt von Francesco Bartolozzi, der vorzugweise für Macklin gearbeitet hat, dementsprechend dürfte die Graphik auch von dort bezogen worden sein. Die Wahl des Motivs aus dem Bereich Genre- Kinder-Familie ist nicht nur für Ferdinand, son- dern auch für die anderen jungen Habsburger typisch. Zum Kolorieren nutzten sie bevorzugt emotionale Genrebilder und besonders gerne Familienszenen, die mit jenen korrespondieren, in denen sich die Kaiserfamilie unter Franz selbst darstellen ließ. Daß ausgerechnet von Ferdinand so viele Geschenke erhalten sind, hängt sicher mit seiner herausragenden Rolle als Thronfolger zusammen. Jeder Schritt seiner Entwicklung wurde kritisch, aber auch voller Hoffnung von Franz beobachtet. Die Bilder zeigen, mit welchem Ehrgeiz und wel- cher Hartnäckigkeit sich Ferdinand selbst wei- terentwickelte. Sie lassen in ihrer Emotionalität zudem einen Blick in seine Psyche zu, dem See- lenleben eines kranken, entwicklungsgehemmten Kindes und Jugendlichen, der um Anerkennung und Zuneigung ringt und seine eigenen Gefüh- le mit der Wahl seiner Motive zum Ausdruck bringt. Von keinem der Kinder wurden so viele Bilder gerahmt. Sie wurden somit einem Per- sonenkreis publik gemacht, der sich über die Familie hinaus vielleicht auch in den politisch bedingten Kreis fortsetzt, der in die Räume von Franz Zutritt hatte. Die Bilder wurden zu einem Hoffnungsschimmer, zu einer Art nonverbalen Garantie für die Bildbarkeit eines Kindes, in das man nur so wenig Hoffnung setzte. Die Tochter Maria Clementine (1. März 1798–3. September 1881) Maria Clementine hat ein Landschaftsbild am 12. Februar 1808 datiert und mit Marie signiert. Am selben Tag datiert und signiert ihre Schwester Le- opoldine ebenfalls ein Landschaftsbild.60 Beide Bilder sind gleich groß, von identischen Linien gerahmt und mit einander angepasster Thema- tik für den Geburtstag von Franz vorbereitet. Sie zeigen südländische Architekturen am Ufer eines Sees, auf dem Fischer in ihren Booten agie- ren. Offenbar haben sich die beiden Schwestern Clementine und Leopoldine abgesprochen oder wurden von ihrem gemeinsamen Lehrer dazu motiviert, denn die beiden fast gleichaltrigen Mädchen wurden wahrscheinlich, wie bei den Habsburgern üblich, gemeinsam unterrichtet. 59 Holler, Ferdinand (zit. Anm. 45), S. 111, 126. Carl Ruß war der Kammermaler von Erzherzog Johann und ist vor allem durch dessen Auftrag bekannt, steirische Trachten zu illustrieren. 60 In der ÖNB sind die Bilder in PK 477, 90–97 unter dem Deckblatt „Maria Anna“ eingeordnet. Maria Anna lebte 1804–1858, sie war eine der schwerst lernbehinderten Töchter von Franz und Maria Theresa und starb nach langem Leiden auf Schloß Hetzendorf. Die Bilder, die 1808 datiert sind, wären dann von einer Vierjährigen gemalt worden, was an sich schon unglaubwürdig ist, im gegebenen Fall aber schlicht unmöglich. Ich ordne die Bilder der als sehr begabt geltenden Maria Clementina zu, da diese zusammen mit Leopoldine unterrichtet wurde und dieser Umstand auch das „gemeinsame“ Geschenk für den Vater erklärt.
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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte Band LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Band
LIX
Herausgeber
Bundesdenkmalamt Wien
Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch, englisch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78674-0
Abmessungen
19.0 x 26.2 cm
Seiten
280
Schlagwörter
research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur
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