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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Band LIX
Seite - 223 -
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BRIEFE von Johannes Wilde AUS wIEN, juni 1920 bis februar 1921 223 durch Juliska, ihre Verwandten und Bekannten kommen und gehen ständig. Ich küsse tausendmal die Zuhauser, und bit- te, seien Sie wegen mir ganz beruhigt. Gott sei mit Ihnen! Bundsi [20151/1979/31/3] 27. Juni [1920] – Liebe gute Zuhauser, in ei- nem rasenden Tempo schreibe ich diesen Brief bei Juliska, es gibt die Hoffnung, daß er nach Pest kommt. Heute vor einer Woche habe ich den Brief von zu Hause bekommen, ich weiß nicht, ob meiner ankam. Jetzt berichte ich kurz. Mit Juliska waren wir die letzte Woche bei der Polizei, ich werde eine Auf[enthalts] bew[illigung]24 bekommen, wenn auch nicht ‚bis auf Widerruf‘,25 aber zumindest für einige Mo- nate. Mikula hat bei der Polizei einen ihm sehr verpflichteten Bekannten, den ich auch kenne, der wird dann später die Verlängerung erledigen. – Montag in der Früh hat mich Dvořák zu sich gebeten. Er war unbeschreiblich liebenswürdig. Er hat alles von sich selbst aus versprochen, als Gegenleistung hat er nur gebeten, daß ich mich voll auf seine Führung verlasse. So hat er mich schon für Mittwochabend wiederbestellt, daß ich einen seiner Freunde kennenlerne, einen Grafen Khuen26, der früher wichtige Schritte für mich unternommen hat. (Darüber später.) Dv[ořák] hat mit ihm vereinbart, daß ich vorübergehend mit dem Grafen auf dessen Besitzungen in Mähren27 reise, um ihn in Kunstgeschichte zu unterrichten (der Graf ist 40 und interessiert sich fieberhaft) und eine 8.000 Bände umfassende Bibliothek zu ordnen – ich mußte einwilligen. Dv[ořák] sagt, vor allem sollte ich mich ausru- hen und ich soll zunehmen, bevor ich mit der Arbeit beginne (wahrscheinlich werde ich an der Redaktion des Jahrbuchs28 teilnehmen). Jetzt steht es so, daß der Brief des Grafen in meiner Tasche ist, in dem er mich ‚entsprechend unserer Vereinbarung‘ als Bibliothekar einlädt, und ich warte auf die offizielle Aufforderung des Gene- ralkonservators von Mähren, daß ich wegen eines Fachgutachtens zu ihm reise – beides brauche ich zum Reisepass. Sobald ich das habe, wahrschein- lich bereits Anfang Juli, werde ich abreisen, so daß ich spätestens im September zurück bin. Der Graf ist hinreißend liebenswürdig. Das ist die eine Neuigkeit (anzumerken ist, daß Dv[ořák]s liebenswürdige Fürsorge alle Er- wartungen übersteigt – ich kann mich absolut auf ihn verlassen. Sein erstes Wort war, daß er mich nicht mehr zurückläßt.) Die andere: Ernesta hat gestern Vorm[ittag] sein Hauptrigorosum mit Auszeichnung bestanden! Sie können sich die Freude von der armen Mikula vorstellen. Darüber sollte ich natürlich mehr schreiben (auch darüber, was dem voranging), aber jetzt geht das nicht. Es ist eine große Freude für mich, daß ich dazu beitragen konnte, daß das passieren kann. Jetzt wird in der Währingerstraße29 alles anders. – Die Güte von Mikula und Ernesta mir gegen- über zu beschreiben, dafür gibt es keine Worte. Ich gehe nicht hinaus, nur bei Swob[oda]30 war ich einmal abendessen (er ist ebenfalls sehr 24 Deutsch im Original. 25 Deutsch im Original. 26 Karl Friedrich Maria Khuen-Belasi (1879–1963). 27 Schloß Emmahof (tschechisch Emin zámek) bei Grusbach (tschechisch Hrušovany nad Jevišovkou) in Südmähren unweit der österreichischen Grenze. 28 Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte. Der Band I (XV) erschien mit der Jahresangabe 1921/1922 mit Beiträgen u.a. von Max Dvořák, Dagobert Frey, Karl Mannheim und Otto Benesch. 29 Garger, Zeugswetter und Wilde wohnen in Wien IX. Währinger Straße 26. 30 Karl Maria Swoboda (1889–1977), Assistent von Max Dvořák. Zu Swoboda siehe u. a. G. Schmidt, Karl Maria Swoboda, in: Kunstchronik 30, 12, 1977, S. 546–549; sowie H. H. Aurenhammer, Zäsur oder Kontinuität. Das Wiener Kunsthistorische Institut im Ständestaat und im Nationalsozialismus, in: Wiener Schule. Erinnerungen und Perspektiven (= Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, 53, 2004), S. 11-54.
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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte Band LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Band
LIX
Herausgeber
Bundesdenkmalamt Wien
Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch, englisch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78674-0
Abmessungen
19.0 x 26.2 cm
Seiten
280
Schlagwörter
research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur
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