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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Band LIX
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BRIEFE von Johannes Wilde AUS wIEN, juni 1920 bis februar 1921230 sollen. Am Abend bin ich bei Swob[oda] zum Abendessen, morgen Vorm[ittag] schaue ich nach Grinzing81 hinaus. Béni war gestern hier, der Arme hat noch keine Wohnung, nur deshalb kann er nicht arbeiten (was Manczi sagte, ist ein Schwach- sinn, niemand verlangt das von ihm.) Er fängt morgen Vorm[ittag] mit dem Portrait von Ernesta an.82 Sonst geht er nachmittags und abends mit Jena (die jetzt wieder malt)83 und mit dem klei- nen Gergely84 zum Aktzeichnen in die Kunstge- werbeschule85. – Ich habe Edith H[offmann]86 noch nicht geschrieben, weil ich am Tag meiner Ankunft gehört habe, daß dieser Maler Nagy Moholy87 hier angekommen ist, um L[ampérth] s Angelegenheiten in Ordnung zu bringen88 – und weil ich noch überhaupt nicht dazugekommen bin. Heute habe ich einen seltsamen Brief von L[ampérth]s jüngerem Bruder89 bekommen, in dem er vom Schicksal seines Bruders berichtet – aber das Hotel nicht nennt und keinerlei Liste mitschickt. Was kann ich so machen? Ich werde Juliska bitten, sie soll in Erfahrung bringen, was es mit diesem N[agy] Moholy auf sich hat (Juliska hat nämlich die Nachricht gebracht), und sie soll dann Dudó schreiben. Dudó soll das mittels einer Postkarte L[ampérth]s Bruder mitteilen (meines Wissens ist er ein Zuckerbäckergeselle: VII Aréna út 54 II/16). Edith werde ich selber schreiben aus Grusbach, sobald ich von Juliska erfahren habe, wie die Sache steht. Der Bogen, den Dudó über meine zu Hause zu erledigenden Sachen aufsetzen will, ist kein schlechter Gedanke. So werde ich, wenn ich zu- rück bin, zumindest genau wissen, was ich alles nicht erledigt habe. Auf jeden Fall – in sechs Wo- chen werde ich schon packen, das ist keine lange Zeit, ich kann mich schon freuen. Die am Dachboden gefundenen Erinne- rungsstücke interessieren mich sehr, bitte sie aufzubewahren. Ich gratuliere zum Bücherregal in der Küche. – Über den Meister weiß ich nichts. Kmetty90 – schreibt Szönyi91 – reiste ab, vielleicht ist er in- zwischen nach Kassau gefahren. Meister Uitz92 ist nicht dorthin gefahren, wo der Erste Mai auch heuer mit Fresken gefeiert werden kann.93 Béni 81 In den Baracken des ehemaligen Kriegsspitals Grinzing (zwischen Grinzinger Allee und Daringergasse) wurden un- garische Emigranten untergebracht, wo (wahrscheinlich) auch József Révai, Jelena Grabenko sowie Irma und Ervin Sinkó (zu diesen Personen siehe weiter unten) wohnten. 82 Laut B. Ferenczy, Írás és kép, Budapest 1961, S. 256 befindet sich in einer Privatsammlung in Wien eine ca. 32 cm hohe Terrakotta-Version des Portraits. 83 Vermutlich handelt es sich bei Jena um Jelena Grabenko, die Exfrau von Lukács, die Malerin war und sich um 1920 in Wien aufhielt. 84 Vermutlich Tibor Gergely (1900–1978), ungarischer Zeichner, Bühnenbildner, Maler. 85 Die heutige Universität für angewandte Kunst. 86 Edith Hoffmann (1888–1945), Kunsthistorikerin, Kollegin von Wilde im Museum für Schöne Künste in Budapest, ehemaliges Mitglied der Sozialisierungskommittee. 87 László Moholy-Nagy (1895–1946), ungarischer Künstler, lebte nach einem kurzen Wien-Aufenthalt seit Anfang 1920 in Berlin. 88 József Nemes Lampérth (1891–1924), ungarischer Maler, während der Räterepublik Leiter der Proletarischen Lehr- werkstatt, lebte zuletzt in Deutschland und in Schweden, wurde 1921 wegen einer Nervenkrankheit in Ungarn in ein Sanatorium eingeliefert. Er hielt sich auf seiner Heimreise kurz in Wien auf, wo ihm seine Sachen abhanden gekommen zu sein scheinen. Seine ungarischen Verwandten und Freunde vesuchten, diese wiederzufinden. 89 Károly Lampérth. 90 János Kmetty (1889–1975), ungarischer Maler. 91 István Szönyi (1894–1960), ungarischer Maler. 92 Béla Uitz (1887–1972), ungarischer Maler; während der Räterepublik der zweite Leiter der Proletarischen Lehrwerk- statt, Uitz hatte im November 1920 eine Ausstellung in der Freien Bewegung, Wien I. Kärntner Straße 4. 93 Nämlich nach Moskau. Anspielung auf die 1. Mai-Feierlichkeiten 1919 in Budapest, an deren künstlerischen Ausge- staltung auch Uitz teilnahm. Im Frühjahr 1921 reiste Uitz dann doch nach Moskau.
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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte Band LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Band
LIX
Herausgeber
Bundesdenkmalamt Wien
Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch, englisch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78674-0
Abmessungen
19.0 x 26.2 cm
Seiten
280
Schlagwörter
research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur
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