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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Band LIX
Seite - 232 -
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BRIEFE von Johannes Wilde AUS wIEN, juni 1920 bis februar 1921232 Abend bei Swoboda bis 1 Uhr – so war ich sehr müde und bin nicht zum Schreiben gekommen. Ich könnte das, was in den letzten zehn Tagen mit mir passiert ist, nicht einmal Ihnen beschrei- ben, liebe Zuhauser, wenn ich am Ende des Mo- nats nach Hause fahre, werde ich alles erzählen. So eine wunderbare Zeit war es – Gottes Wille, daß das mit mir geschah. Jetzt bin ich hier in Wien für ein, zwei Tage, um das Nötigste zu erledigen, aber am Wochen- ende, spätestens am Montag, fahre ich nach Emmahof zurück. Guby kommt erst heute aus Deutschland zurück, obwohl auf uns wichtiges gemeinsam zu Erledigendes wartet. Heute war ich zum Mittagessen beim Graf Lanckoronski, früherer Oberstkämmerer, Dv[ořák]s väterlichem Freund, dem ich über vieles berichten mußte. Am Vormittag war Schlossers97 Nekrolog an der Universität. Jetzt ist meine Zeit sehr genau ein- geteilt, weil ich viel erledigen muß. Die Witwe hat (ausschließlich) Swoboda und mir die Ver- waltung und Herausgabe des Riesennachlasses anvertraut.98 Khuen ist der Vormund der Kinder. Es gibt auch die Frage des Nachfolgers – es ist natürlich sehr, sehr schmerzlich, sich jetzt mit den dazugehörenden personellen Fragen zu be- schäftigen, aber man muß es tun, damit wir uns später nicht vorwerfen können, daß wir etwas versäumt haben. Die Frage ist unmöglich schwer, eine halbwegs befriedigende Lösung ist beinahe unmöglich. Ich danke für die Nachrichten über den ar- men Lampérth. Ich habe in Grusbach von Edith einen Brief bekommen, dessen Fazit war, daß Moholy Nagy voll vertrauenswürdig sei, dem sie alles übertragen will. Meines Wissens gibt es nicht den kleinsten Zweifel an seiner Person, ich werde mich trotzdem erkundigen und morgen oder übermorgen werde ich Edith das Ergebnis telegraphieren. Schuster grüße ich aus der Entfernung, ich kann ihm noch schreiben, und ich bitte ihn, er soll sich um den armen Jungen kümmern. Petrovics beauftragte mich in einem langen Brief, bei einer Wiener Auktion für das Museum ein Buch zu kaufen. Heute finde ich das ernüch- ternd. Er war anders, als ich ihn bekam.99 Vor vier Tagen ist S. Ervin100 mit seiner Frau101 hier angekommen. Sie konnten aus der Gefangenschaft entkommen und flüchteten hier- her. Heute habe ich sie zufällig getroffen. Am Freitag werde ich sie alle bei Józsis102 wiedersehen. Von Tolnai und aus Heidelberg sind zwei noch vor der Katastrophe geschriebene Briefe an- gekommen, der Letztere verspricht eine längere Abhandlung für das Jahrbuch.103 Ich danke sehr für den Bericht über den Ge- sundheitszustand der Zuhauser. Seien Sie wegen mir völlig beruhigt, meine Gesundheit ist gut, der Schmerz erhebt einen nur. 97 Julius von Schlosser (1866–1938), ab 1905 Dozent in Wien, wurde 1922 Dvořáks Nachfolger. Vgl. H. H. Aurenhammer, Julius Ritter von Schlosser, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 23, Berlin 2007, S. 105–107. 98 Vgl. die von Swoboda und Wilde beim Piper Verlag in München herausgegebene Reihe: M. Dvořák, Kunstge- schichte als Geistesgeschichte. Studien zur abendländischen Kunstentwicklung, München 1924, ders., Das Rätsel der Kunst der Brüder van Eyck mit einem Anhang über die Anfänge der holländischen Malerei, München 1925, ders., Geschichte der italienischen Kunst im Zeitalter der Renaissance, 2 Bd., München 1927/1928, sowie ders., Gesammelte Aufsätze zur Kunstgeschichte, München 1929. 99 Unklare Stelle. 100 Ervin Sinkó (1898–1967), Schriftsteller. 101 Irma Rothbart (1896–1970), Medizinstudentin. 102 Vermutlich József Révai (1898–1959), Literaturhistoriker und kommunistischer Politiker. 103 Karl Mannheims, der damals in Heidelberg lebte, Beiträge zur Theorie der Weltanschauungsinterpretation erschie- nen im Band I der neuen Folge des Wiener Jahrbuchs für Kunstgeschichte (zit. Anm. 54), S. 236-274.
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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte Band LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Band
LIX
Herausgeber
Bundesdenkmalamt Wien
Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch, englisch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78674-0
Abmessungen
19.0 x 26.2 cm
Seiten
280
Schlagwörter
research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur
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