Seite - 253 - in Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Band LIX
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sedlmayr and schapiro correspond 253
While Schapiro and Sedlmayr probably saw
each other in Vienna in 1933, it seems that it is
only in this letter that Sedlmayr completely con-
fesses to his political views though not his party
allegiances (although in the end he will admit to
being a fascist). But Hitler was now in power, he
had been a member of the Nazi party (now il-
legal in Austria) and his anti-Semitism was com-
ing out into the open as he broke with his Jewish
friends. And yet he is reluctant to allow politics
to interfere with their scholarly exchange. In
spite of his anti-Semitism he is concerned about
Pächt (who broke with Sedlmayr around this
time) though he undermines him by pointing
out his poor English. The letter from Schapiro
that Sedlmayr was to give to Pächt came shortly
after their direct correspondence – which would
long outlast Schapiro’s with Sedlmayr – had be-
gun. (Indeed on Christmas day of 1951 Schapiro
wrote in a postscript to a letter to Pächt, then in
England: Believe it or not, I’ve had a ‘Gruss’ from
Hans Sedlmayr through one of his students, a Frl.
von Kallwitz. What do you make of this?54)
One month later, 4 December 1934,
Sedlmayr’s response (here cited in its entirety)
to a letter from Schapiro which must have been
filled with strong reactions, shows Sedlmayr
knocked off his feet:
Lieber Herr Schapiro!
Ihr letzter Brief erinnert mich ein wenig an
ein amerikanische Filmgroteske aus den zwan-
ziger Jahren, in welcher der Held sich seiner
Feinde (die natürlich Dummköpfe, Schurken
und Feiglinge sind) dadurch erwährt, dass er alle Gegenstände, die ihm zur Hand sind, nach
allen Richtungen herumschleudert. Ich sage
das aber wahrhaftig nicht um Sie zu ironi-
sieren. Es geht reichlich irrational zu in Ihrem
Brief: da gibt es Unterstellungen, unbewiesene
Prämissen (wann hätte ich je gegen die Technik
gesprochen?), falsche Schlüsse (aus der Tatsache
einer einmaligen Zitierung kann mann nicht
auf eine Vorliebe für den zitierten Autor schlies-
sen – ich schätze Vierkandt55 gar nicht), man-
gelhafte Definitionen – kurz das ganze Arsenal
der affektiven Logik.
Ich habe Ihren Aerger hervorgerufen durch
die Feststellung, daß ich antikommunistisch
und antijüdisch bin (im politischen nicht im
rassistischen Sinn, was ich auch damals beton-
te.) Ich hätte dann das Recht beleidigt zu sein,
dass Sie Kommunist sind. Ich habe mit meiner
Ueberzeugung so lange hinter dem Berg ge-
halten, weil ich gerade das voraussah, was nun
wirklich eingetreten sind: dass ich einen Affekt
auslösen würde. Allerdings haben auch Sie bei
mir einen (kleineren) Affekt erzeugt, dadurch
dass Sie die Aufrichtigkeit meiner Mitteilungen
in Frage stellen. Dazu haben Sie wahrhaftig
kein Recht. Sie verstehen meine Position nicht;
sie ist aber nicht weniger fest und deutlich,
weil ich sie nicht nach den Koordinaten eines
bestehenden Parteiprogramms bezeichnen
kann. – Ich lehne eine Diskussion dieser Fragen
prinzipiell ab, weil nach meinen Erfahrungen,
diese scheinbaren Diskussionen zu affektiven
Angelegenheiten entarten. Eine Diskussion
müsste auf ganz anderem Niveau und, erlauben
Sie mir das zu sagen, nicht mit Argumenten
54 Meyer Schapiro to Otto Pächt, 25 December 1951. Fachkorrespondenz 1945–1960. Otto Pächt Nachlaß, Institut für
Kunstgeschichte, Universität Wien. See n. 63 for what likely was Pächt’s reply.
55 Alfred Vierkandt (Hamburg 1867– Berlin 1953) was a German sociologist, ethnographer, social psychologist,
social philosopher and philosopher of history. Sedlmayr had put Vierkandt’s “non-atomistic” theory of objective
spirit (from Gesellschaftslehre: Hauptprobleme der philosophischen Soziologie, 2nd ed., Stuttgart 1928) to use in
“Das Quintessenz Riegls” (in: A. Riegl, Gesammelte Aufsätze, Augsburg/Vienna 1929, p. 18) to explain the Kunst-
wollen; he also cited Vierkandt’s image of the world as an “überindividuelle Wirklichkeit” in his ‘Die Architektur
Borrominis’, Berlin 1930, p. 127. Whether Sedlmayr had, in the meantime, rethought his interest in Vierkandt’s
ideas, remains to be seen.
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Band LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
- Band
- LIX
- Herausgeber
- Bundesdenkmalamt Wien
- Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch, englisch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78674-0
- Abmessungen
- 19.0 x 26.2 cm
- Seiten
- 280
- Schlagwörter
- research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
- Kategorie
- Kunst und Kultur