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Einleitung: Wien, jüdische Differenz und Sportfunktionäre 5
IndemProjektgingesdarum,dieunterschiedlichenSelbst-undFremdbil-
dervonJudenundJüdinnenundderenVerortungenaufdemspezifischenFeld
der Körperkulturen herauszuarbeiten. Als Zuschauersportarten, aber auch als
sportlichePraxisnahmendieseBewegungskulturen spätestens abden 1920er-
JahreneinewichtigeRolle fürdieKonstruktion spezifischer kollektiverwie in-
dividueller Identitäten Wiens, besonders des männlichen Teils der Bevölke-
rung, ein: Im imaginären oder realen (Spiel-)Stil ihrer SportlerInnen und
Teams machten sich WienerInnen ein Bild von sich selbst. Auch wenn der
Sport teilsalsunpolitischesFeldverstandenwurde,bildenSportdiskurseeinen
Teil jenesKampfesumdieDefinitionzentraler„MythenderStadt“–oderauch
einzelner Stadtbezirke–, indenensich „ihr spezifischesProfil, ihreAura, ihre
geschichtlichgewordeneundpolitischgewollte Identitätmitall ihrenBrüchen
undKrisen“ zeigte.13
DieFigur des Sportfunktionärs erwies sich dabei vor allemdeshalb als be-
sonders produktiv, weil auf dieseWeise die Konstruktionen des „Jüdischen“
als Resultat komplexer und performativer Gemengelagen begriffen werden
können. Sowie sich die Tätigkeit von FunktionärInnen nicht vonAktivitäten
in anderen sozialen Feldern trennen lässt, wurden auch aus der Außensicht
Funktionäre und Funktionärinnen zugleich in denKontext ihrer übrigen Bio-
grafie gestellt.UndwennsichdieBeschäftigungmit Zuschreibungendes Jüdi-
schen auf demSportplatz vielleicht in besondererWeise äußerte, stand diese
doch immer in einem lebenspraktischenUmfeld. Spannendwird es nicht zu-
letzt dort, wo „the Jewish and non Jewish experiencesmeet“.14 Gerade diese
SchnittstellenversuchenrezenteAnsätzeder JewishStudieszuanalysieren,um
damit zuvermeiden,denhistorischenBlickzusehran jüdischen Institutionen
auszurichten (imFalledesSportswärendiesvorallemdiezionistischenVerei-
ne). Dabeiwird „nicht von einer einseitigenAssimilation an eine einheitliche
nicht-jüdischeMehrheitsgesellschaft ausgegangen, sondern von einemnicht-
linearen, prozesshaften Kulturtransfer, der Juden und Jüdinnen als gesell-
schaftskonstituierendansieht undmehrereEbenenumfasst“.15
der Zwischenkriegszeit und Jewish Difference. Zur Methodik eines Forschungsprojekts. In:
Aschkenas 27,H. 1 (2017) 9–22.
13 GotthartFuchs, BernhardMoltmann,MythenderStadt. In:GotthartFuchs, BernhardMolt-
mann,WalterPrigge (Hg.),MythosMetropole (Frankfurt/M. 1995) 9–19, hier 14.
14 Steven Beller, Knowing Your Elephant.Why Jewish Studies is not the same as Judaistik,
andWhy this is aGoodThing. In:KlausHödl (Hg.), JüdischeStudien. Reflexionen zuTheorie
undPraxis eineswissenschaftlichenFeldes (Innsbruck 2013) 13–23, hier 16.
15 Matthias Falter, Saskia Stachowitsch, Political Jewish Studies. Politikwissenschaftliche
Analyse jüdischer politischer Repräsentation und Partizipation. In: Saskia Stachowitsch, Eva
Kreisky (Hg.), Jüdische IdentitätenundantisemitischePolitiken imösterreichischenParlament
1861bis 1933 (Wien/Köln/Graz 2017) 19–33, hier 20f.
Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Titel
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Untertitel
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Autoren
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 376
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918