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JüdischeDifferenzund Populärkultur 7
nahe,dieses „Oder“durchein„Und“bzw. „Sowohl-als-auch“zuersetzen.Auf
dieseWeisekönnen,wieMalachiHacohen21 anregt, kulturellePraxendesMit-
und Gegeneinanders als stetes Wechselspiel von Sichtbarkeit und Ausgren-
zung, vonBündnissenundSegregierungengesehenwerden. Statt fixer Zuord-
nungen treten die labilenAllianzenundBeziehungen in denMittelpunkt, die
den Kämpfen umBedeutungen, umLebensentwürfe und -praxen ebensowie
den retrospektiven Geschichtspolitiken zugrunde liegen. Zahlreiche Arbeiten
zum jüdischenWien ab 1900 beschreiben Versuche jüdischer Selbstbehaup-
tung vor dem Hintergrund massiver religiöser, kultureller und zunehmend
auch „rassisch“ argumentierender Antisemitismen. Dies gilt verstärkt für den
neuen österreichischen Nationalstaat ab 1918 im veränderten Kontext nach
demEndedermultinationalenHabsburger-Monarchie.AlsmöglicheWege zur
jüdischenEmanzipationwie zur Festigung jüdischenSelbstbewusstseinswur-
den zum einen „politisches Engagement, zum Beispiel im Austromarxismus
oder Zionismus“, zum anderen „ästhetische und psychologische Projekte“22
genannt, mithin die Terrains vonWissenschaft, Politik und Hochkultur, von
StevenBeller als „Kernschicht dermodernenKultur“ inWien apostrophiert.23
Lange Zeit übersehen blieben dabei, auch für die ersten Jahrzehnte des
20. Jahrhunderts,diezahlreichenAspekteundPraktiken jüdischerPopulärkul-
tur,24wie sie KlausHödl vor allem für das ausgehende 19. Jahrhundert unter-
suchthat.25DabeiwarenesgeradedieverschiedenenBereichederPopulärkul-
tur, allen voran das Kino, das Volkslied, das Kabarett oder das populäre
(jüdische) Theater, „in denen JüdInnen Facetten ihrer Identität artikulierten
21 MalachiHaimHacohen, Kosmopoliten in einer ethnonationalen Zeit? JudenundÖsterrei-
cher in der Ersten Republik. In: HelmutKonrad,WolfgangMaderthaner (Hg.), ... der Rest ist
Österreich.DasWerdenderErstenRepublik, Band 1 (Wien 2008) 281–316.
22 MichaelPollak, Kulturelle Innovationund soziale Identität imWiendes Fin de Siècle. In:
Gerhard Botz, IvarOxaal, Michael Pollak, Nina Scholz (Hg.), Eine zerstörte Kultur. Jüdisches
LebenundAntisemitismus inWienseit dem19. Jahrhundert, 2. neubearb.u. erw.Aufl. (Wien
2002) 105.
23 StevenBeller, Viennaand the Jews 1867–1938.ACulturalHistory (Cambridge 1989).
24Wieunterscheiden inderFolgezwischenPopular-undPopulärkultur inSinnevonRoman
Horak, der zwischenpopulärerMassenkultur als professionell gefertigtemProduktundpopu-
larenKulturen als Umgangmit diesenAngeboten, als Rezeptionsmuster undAneignungsfor-
men, differenziert: RomanHorak, DiePraxis derCultural Studies (Wien 2002).
25 Klaus Hödl, Wiener Juden – jüdische Wiener. Identität, Gedächtnis und Performanz im
19. Jahrhundert (Innsbruck 2006) 49; KlausHödl (Hg.), Nicht nur Bildung, nicht nur Bürger.
Juden inderPopulärkultur (Innsbruck2013);vgl. aucheinigeBeiträge in:FrankStern,Barbara
Eichinger (Hg.), Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938. Akkulturation – Antisemitis-
mus–Zionismus (Wien 2009).
Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Titel
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Untertitel
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Autoren
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 376
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918