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SportfunktionärInnen und gesellschaftliche Partizipation 11
einsmäßig ‚ausgefüllt‘“ wurde.40 Neben politischer Beteiligung, die bis 1918
erst schrittweiseerkämpftwurde,41 existierte eineEbenezivilgesellschaftlicher
Partizipation, die teilweise mit explizitem politischen Engagement verwoben
war (etwa in Form der Parteienorganisation), gleichzeitig aber – in dem nur
unvollständigdemokratischenSystemderMonarchienach1867–dieMöglich-
keit scheinbar„unpolitischer“, „ehrenamtlicher“kulturellerundsozialerBetä-
tigungbot.
Nachdemmit dem Staatsgrundgesetz von 1867 für jüdischeWiener (zum
Teil auchWienerinnen) die gesellschaftlicheGleichstellungwesentlich voran-
getriebenwurde,42übernahmengerade jüdischeVereinezentraleAufgaben im
RahmenderHerstellungaffektiv-identitätsstiftenderBindungen,dieaufdieser
Basis nach innenwienachaußenhergestellt bzw. repräsentiertwurden.43Mit
der ErweiterungundAusdifferenzierungdesVereinswesensunterlag auchdie
Rolle der Vereinsmitglieder und Funktionäre bereits in der Frühphase einem
Wandel.Waren dieAnfänge desWiener Vereinswesens von einem„sozial ex-
klusiven Charakter“ geprägt, in dem „Besitz und, fast noch stärker, Bildung
Grundvoraussetzungen fürdieTeilnahme“waren,44 erfasste „dieursprünglich
‚bürgerliche‘ Sozialform des Vereines sehr bald und rasch ‚unterbürgerliche‘
Schichten“.45ÖsterreichwurdeeinLandder„Vereinsmeierei“, indemMitglied-
schaften inVereinenals ZeichenvonWohlstandund individueller Reputation
galten. InderFigurdesFunktionärswaren,unddies istauchalsAusdruckder
„Ablösung der feudalen Privilegien“ zu verstehen, Amt und Person getrennt,
40 Hans Peter Hye, Vereine und politische Mobilisierung in Niederösterreich. In: Helmut
Rumpler, PeterUrbanitsch (Hg.), Die Habsburgermonarchie 1848–1918, Band VIII/1: Vereine,
Parteienund InteressenverbändealsTrägerderpolitischenPartizipation (Wien2006) 145–226,
hier 152.
41 Vgl.dazuKarlUcakar,DemokratieundWahlrecht inÖsterreich.ZurEntwicklungvonpoli-
tischerPartizipationund staatlicher Legitimationspolitik (Wien 1985).
42 AlbertLichtblau (Hg.),Alshättenwirdazugehört.Österreichisch-jüdischeLebensgeschich-
tenausderHabsburgermonarchie. InZusammenarbeitmit demLeoBaeck InstituteNewYork
unddem Institut für Geschichte der Juden inÖsterreich (Wien/Köln/Weimar 1999) 41; Albert
Lichtblau, Integration, Vernichtungsversuch und Neubeginn. Österreichisch-jüdische Ge-
schichte 1848bis zurGegenwart. In: EvelineBrugger,MarthaKeil, AlbertLichtblau, Christoph
Lind, Barbara Staudinger,Geschichte der Juden inÖsterreich (ÖsterreichischeGeschichte, Er-
gänzungsband4,Wien 2006) 447–565, hier 455.
43 EvelynAdunka, Gerald Lamprecht, Georg Traska (Hg.), Jüdisches Vereinswesen in Öster-
reich im 19. und 20. Jahrhundert (SchriftendesCentrums für Jüdische Studien 18, Innsbruck/
Wien/Bozen 2011).
44 Hye, Vereine, 166.
45 Hye, DaspolitischeSystem, 199.
Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Titel
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Untertitel
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Autoren
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 376
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918