Seite - 12 - in Sportfunktionäre und jüdische Differenz - Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
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12 1 Einleitung: Wien, jüdische Differenz und Sportfunktionäre
der Funktionsträger wurde austauschbar,46 wie sich zugleich „die Vorstände
[…] zusehends vonderMitgliederbasis“ trennten.47
Um1918hattedas jüdischeVereinswesenebensowiedasEngagementvon
Juden (und einzelner Jüdinnen) im Sportkontext bereits mehrere Phasen der
Etablierungdurchlaufen,derenKernstückedieGründungeigenständiger jüdi-
scher Turnvereine (1887bzw. 1899) alsReaktionauf denzunehmendaggressi-
venAntisemitismus, dasEngagementmeist „assimilierter“ Juden48 indenAn-
fängen der Sportbewegung (ab etwa 1895) und schließlich die Gründung des
zionistischen Allroundvereins SC Hakoah (1909) darstellten.49 Generell kann
konstatiert werden, dass Juden eine bedeutende Rolle bei der Begründung,
EtablierungundProfessionalisierungdesSportes inÖsterreichspielten,hatten
sie sich dochbereits in den Jahren vor demErstenWeltkrieg als Vereinsgrün-
der,Mäzene,aktiveSportlerInnen, JournalistenundFunktionärederKlubswie
der Verbände betätigt. Dabei sind freilich starke Unterschiede zwischen den
einzelnenBewegungskulturenundSportarten festzustellen.
In dieser Hinsicht erschien in den vergangenen beiden Jahrzehnten eine
Reihe von grundlegenden Auseinandersetzungenmit dem jüdischen Sport.50
Eine wichtige Basis unserer Arbeit bot die inzwischen gut aufgearbeitete Ge-
46 EvaBlimlinger,ZweiWienerFußballfunktionäre. IgnazAbelesundJosefGerö. In:Wolfgang
Maderthaner, Alfred Pfoser, RomanHorak (Hg.), Die Eleganz des runden Leders (Göttingen
2008) 156–165, hier 156.
47 Hye, Vereine, 179.
48WirverwendendenBegriff der „Assimilation“ imFolgendenals zeitgenössischesdiskursi-
ves Konzept beteiligter AkteurInnen, nicht jedoch alsmethodisches Theoriemodell, da dieser
Begriff – durch seine starre Festschreibung vonMinderheits- undMehrheitsbevölkerungund
damit verbundenen essenzialisierenden Identitätsmodellen – nicht in der Lage ist, die dyna-
misch-performativen und komplexen kulturellen Definitionen und Bedeutungen des „Jüdi-
schen“ zubeschreiben, vgl.Hödl,Wiener Juden, 30f.
49 MatthiasMarschik, Von jüdischen Vereinen und „Judenclubs“. Organisiertes Sportleben
umdie Jahrhundertwende. In:Adunka,Lamprecht,Traska (Hg.), JüdischesVereinswesen,225–
244.
50 Vgl. international u.a. George Eisen, Jewish History and the Ideology of Modern Sport.
Approaches and Interpetations. In: Journal of Sport History 25, H. 3 (1998) 482–531; Dietrich
Schulze-Marmeling (Hg.), Davidstern und Lederball. Die Geschichte der Juden im deutschen
undinternationalenFußball (Göttingen2003);MichaelBrenner,GideonReuveni (Hg.),Emanzi-
pationdurchMuskelkraft. JudenundSport inEuropa (Göttingen2006); ToddSamuelPresner,
Muscular Judaism. The Jewish Body and the Politics of Regeneration (NewYork 2009); Ezra
Mendelsohn (Hg.), Jews and the Sporting Life (Oxford 2009); DanielWildmann, Der veränder-
bare Körper. Jüdische Turner, Männlichkeit und das Wiedergewinnen von Geschichte in
Deutschlandum1900 (Tübingen2009);GiselaDachs (Hg.), JüdischerAlmanach. Sport (Berlin
2011);HenryWahlig, Sport imAbseits.DieGeschichteder jüdischenSportbewegung imnatio-
nalsozialistischenDeutschland (Göttingen 2015).
Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Titel
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Untertitel
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Autoren
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 376
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918