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14 1 Einleitung: Wien, jüdische Differenz und Sportfunktionäre
von jüdischer Identität und jüdischer Identifikation und der Auseinanderset-
zungmit jüdischerDifferenz.„Muskeljuden“imSinnedesArztesMaxNordau54
bzw.ZionistenwarenvorwiegendalsFunktionäreundSpieler in jüdisch-natio-
nalenVereinentätig,„assimilierte“ JudenindenVerbändensowie in„bürgerli-
chen“Vereinen. Ambekanntesten in dieserHinsichtwar der als „Judenklub“
geltendeWiener Amateur-Sportverein (später: FKAustria).Wiewir in diesem
Buchzeigenwerden,verfügtenaber fast alleSportvereine,dieüberkeineanti-
semitischenAusschlussmechanismenverfügten, über jüdischeFunktionäre.
RaumundPerformanz
Der Begriff der jüdischen Differenz im Sinne Silvermans betont die entschei-
dendeRolle von spaceundplace, also vonphysischwiemetaphorisch als jü-
dischbzw.nichtjüdischkonnotiertenOrten.55Diesgiltgerade fürdiekulturelle
TopografieWiens sowie imweiterenSinn fürdasVerhältnisdes „RotenWien“
zur „Provinz“56 und nicht zuletzt für die Konstruktion eines „Österreich“-Be-
griffes, der sichnach1918 letztlichauchdarüberdefinierte, „nicht jüdisch“zu
sein.Wir gehen außerdem davon aus, dass Selbst- und Fremdverortung ent-
langdesBegriffesder jüdischenDifferenz stets nur gemeinsammit einer klas-
sen- und genderspezifischen Ebene – die sich gerade imFeld des Sportes als
wesentlicherweist–zuverstehenist.WennjüdischeDifferenzstetsausverhan-
deltwird, bedarf es zumVerständnisdieserProzesse einesModells, dasdieser
FlexibilitätRechnung trägt.Mit derEinführungdesKonzeptsderPerformanz57
in das Feld der Jewish Studies hinterfragt Klaus Hödl die übliche Differenzie-
rung innichtjüdischeMajoritätund jüdischeMinderheit,diezwischendenOp-
tionen bewusster Abgrenzung oder passiver Anpassung changierte. Stattdes-
sen wird die jüdische Bevölkerung als aktiver Teil der Gesamtgesellschaft
verstanden, der „sich nicht an bestehende Standards [anpasste], sondern […]
54 MaxNordau, „Muskeljudentum“bzw. „Wasbedeutet das Turnen für uns Juden?“. In: Zio-
nistischesAktionskomitee (Hg.),MaxNordau‘s zionistischeSchriften (Köln/Leipzig 1909)379–
381bzw. 382–388.
55 Lisa Silverman, Leopoldstadt, Judenplatz, and Beyond. In: East Central Europe 42 (2015)
249–267; LisaSilverman, JewishMemory, JewishGeography.Viennabefore 1938. In:ArijitSen,
LisaSilverman (Hg.),MakingPlace. SpaceandEmbodiment in theCity (Bloomington/Indiana-
polis 2014) 173–197.
56 Silverman, BecomingAustrians, 22.
57 LutzMusner,HeidemarieUhl (Hg.),Wiewirunsaufführen.PerformanzalsThemaderKul-
turwissenschaften (Wien 2006).
Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Titel
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Untertitel
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Autoren
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 376
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918