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Die Hakoah als Legitimation 43
Mit der Einführung des Professionalismus imFußball in der Saison 1924/
25vergrößertesichdieKluftzwischendempartizipativenSportderVereinsmit-
glieder indenAmateursportsektionenunddenBerufssportlern imFußball. Es
stellte sich – zumindest theoretisch – die Frage:Wenn die Spieler keineMit-
glieder, sondernAngestellte desVereinswaren, galtendanndie gleichenAuf-
nahmekriterien, oder war die sportliche Leistung nun der einzige Maßstab?
Dass esbeimWiener Sport-Club–wieMedienberichteten– tatsächlich ernst-
hafte Überlegungen gegeben hat, die ungarischen Spieler Jenő und Kálmán
Konrádzuverpflichten, scheint eher zweifelhaft.Nichtnur,weil sie Judenwa-
ren, sondern vor allem, weil ihre Gehälter das Budget des Vereins wohl ge-
sprengthätten. Es gingdabeiwohl in erster LinieumeinenKonflikt zwischen
Willy Schmieger und derArbeiter-Zeitung. Wenn ironisch von der „völkerver-
söhnende[n]MissiondesFußballsports“dieRedewar–„zur jüdischenHakoah
gehtderChrist, zumtschechischenSlovanderHakenkreuzlerundzumhaken-
kreuzlerischenSportklubder Tschech’. [...]WoAussicht auf Geschäft ist, dort
verschwindenallenationalenundkonfessionellenUnterschiede“83–berührte
die Arbeiter-Zeitung tatsächlich eine ernsthafte Frage: Inwieweit hatten im
Fußball die frühe Internationalisierung undKommerzialisierung (die ja nicht
erstmitdemProfessionalismusbegonnenhatte)dieklassischen–zurAbschot-
tung neigenden – Vereinsstrukturen herausgefordert? Spieler wurden schon
bald zwischendenVereinen transferiert, die finanziellenNotwendigkeitendes
Spielbetriebs stelltenAnforderungen, diemit demWunsch nach dem„Unter-
uns-Bleiben“ nurmehr ansatzweise in Einklang zu bringenwaren. BeimWie-
nerSport-ClubdürftedaseinegrößereRollegespielthabenalsbeidenanderen
Wiener Spitzenvereinen –mit Ausnahme des tschechischen Slovan und der
zionistischenHakoah.
DieHakoahals Legitimation
Als imJahr1929dieAufnahmedesDonawitzerSCindenFußballverbandunter
Bezugnahme auf dessen Arierparagraf verweigert werden sollte, wies „Vor-
standsmitglied Hauptmann Janisch84 [...] auf die Hakoah“ hin und setzte so
die Aufnahme des Vereins durch. AuchWilly Schmieger argumentierte ähn-
83 Arbeiter-Zeitung (25.9. 1925) 9.
84 DasKleineBlatt (18. 12. 1929) 12;Hanns Janischwar seitMitte der 1920er-JahreVorstands-
mitglied desÖsterreichischenFußball-Bunds undwurde in derNS-Zeit Gaufachwart für Fuß-
ball.
Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Titel
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Untertitel
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Autoren
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 376
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918