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58 3 Wiener Judentum und Wiener Sport in der Zwischenkriegszeit
che der deutsch-nationalen und antisemitisch eingestellten Burschenschaften
forderteneinenNumerusclausus für jüdischeHochschülerInnen.64Andenwei-
terenUniversitäten inWienwiesennurdieStudienrichtungenderTechnischen
Hochschule mit einem durchschnittlichen Anteil jüdischer Studierender von
rund elf Prozent in den Sommersemestern 1933 und 1936, die Wiener Hoch-
schule fürWelthandelmit einemAnteil von rund 18 bzw. 15 Prozent und die
Fachschule für Musik und darstellende Kunst mit einem Anteil von rund
20Prozent (imSommersemester 1936) zweistelligeProzentwerte jüdischerStu-
dierender auf.65
Diesen Studierendenzahlen entsprechend waren Juden und Jüdinnen in
den (freien) Rechtsberufen, als ÄrztInnen und als JournalistInnen mit über
20Prozent fastdoppelt sooft tätigwiediesonstigeerwerbstätigeBevölkerung.
Dies zeigen für dieMitte der 1930er-Jahre erstellte Daten des Statistikers Leo
Goldhammer66, die in den Tabellen 2 und 3 auszugsweise ersichtlich sind:
Judenund Jüdinnenstellten etwa62Prozent bzw. 63Prozent aller selbststän-
digenRechtsanwältInnenbzw.ZahnärztInnensowie47ProzentderÄrztInnen.
Frauenwaren in allenBerufsspartender freienBerufemitAusnahmederNo-
tareundTierärztevertreten;67 im(knapp)zweistelligenBereich lagenihrePro-
zentanteile jedochnur bei denÄrztInnen (9Prozent), ZahnärztInnen (13 Pro-
zent) und ApothekerInnen (19 Prozent).68 Als Angestellte waren Juden und
Jüdinnen imBankenbereich undunterUniversitätsprofessoren69 überpropor-
tional oft zu finden. Im öffentlichen Dienst gab es hingegen kaum jüdische
VertreterInnen,weder in den juristischen Berufen noch in öffentlichenKran-
kenanstalten.DieseKarrierewegewaren inderRegel ausGründendesAntise-
64 Maderegger, Ständestaat, 152f., 156.
65 Bundesamt für Statistik,Handbuch 1935, 214.
66 Zu Goldhammer vgl. Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Bd. 2, Lfg. 6
(Wien 1957) 23.
67 AlexanderMejstrik, Therese Garstenauer, PeterMelichar, Alexander Prenninger, Christa
Putz,SigridWadauer,Berufsschädigungen indernationalsozialistischenNeuordnungderAr-
beit: vomösterreichischenBerufsleben1934zumvölkischenSchaffen 1938–1940 (Veröffent-
lichungenderÖsterreichischenHistorikerkommission 16,Wien/München 2004) 159f. Frauen
warenab 1919zumtierärztlichenStudiumzugelassen; 1939 schlossdie ersteFraudiesesStu-
diumab.Vgl.: O.V., DieVeterinärmedizinischeUniversitätWien feiert ihren 250. Geburtstag,
onlineunter:https://www.vetmeduni.ac.at/de/infoservice/presseinformationen/presseinfo2015
/
250-vetmedunivienna/ (Mai 2017).
68 Mejstriketal.,Berufsschädigungen,159f.ZahlenfürdieGesamtbevölkerunglautVolkszäh-
lung 1934.
69 Die erste ordentlicheProfessur an eineFrauverliehdieUniversitätWien im Jahr 1956.Ab
1921wardie JüdinEliseRichter InhaberineineraußerordentlichenProfessur.Kniefacz,Frauen.
Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Titel
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Untertitel
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Autoren
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 376
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918