Seite - 72 - in Sportfunktionäre und jüdische Differenz - Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
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72 4 Die jüdische Sportbewegung im Wien der Zwischenkriegszeit
führendanderGründungdesWACbeteiligt, bei demer inder Folge inunter-
schiedlichenPositionen tätigwar.Über seineVereinszugehörigkeit hinaus en-
gagierte sichder späterepromovierte Jurist inder Institutionalisierungdesös-
terreichischen Sportlebens. Zusammen mit Wärndorfer saß Herschmann im
ExekutivkomiteedesWienerComité zurBeschickungderPariserOlympischen
Spiele imJahre1900.3AlsVertreterdesWACwareranderGründungdesÖster-
reichischenSportausschusses für leichteAthletik,einemVorgängerdesLeicht-
athletikverbandes, beteiligt.4 Ferner wurde er Präsident des Österreichischen
Zentralverbands für gemeinsame Sportinteressen, demVorläufer desÖsterrei-
chischenOlympischenComités (ÖOC).5AuchalsÖOC-Präsidentwarderberuf-
lich als Hof- und Gerichtsadvokat tätige Herschmann als Fechter, Ringer,
Schwimmer undWasserballer aktiv. 1912 errang er mit der Säbelmannschaft
bei denOlympischen Spielen in Stockholm eine Silbermedaille und ist damit
der einzige Präsident eines nationalen Olympischen Komitees, der während
seinerAmtszeit eineMedaillegewinnenkonnte. 1914 trat er vonderSpitzedes
ÖOCabundwurdewenig später Vorsitzender desVerbandesÖsterreichischer
Schwimmvereine.6 Fernerwar er auch imFechtverbandaktiv.
DarüberhinaussetztesichHerschmannauchtheoretischmitder jüdischen
Partizipation imösterreichischenSport auseinander.DieserThematikwidmete
er in seinemBuch „Wiener Sport“ ein eigenesKapitel. Die Stellung von Juden
imösterreichischenSportbetriebseinerZeit skizzierterso,„daßsie indenälte-
renSportzweigen,derenBestandauf längereFrist als zehn Jahrezurückreicht,
fastgarkeineoderkeinebesondere, indenvölligmodernenSportzweigenhin-
gegen eine bedeutende, vielfach sogar eine tonangebende Rolle spielen.“7 Er
fasst zusammen, „daßdie Juden imRudern, in der schwerenAthletik, imEis-
laufenund imRadfahren teilweiseüberhauptnicht zu findenwaren, teilweise
verhältnismäßig höchst minderwertige Leistungen zeigten, daß sie hingegen
imFußball, im italienischen Fechten, imTennis, in der leichtenAthletik und
zumal im Schwimmen eine ausgezeichnete Position innehaben und, ja, daß
ihnen in einigen dieser Sporte die Führung rückhaltlos zuerkannt werden
muß.“8
Das jüdischeEngagement inbestimmtenSportartensahHerschmannnicht
alleindarinbegründet, dass ihnen„inverschiedenenSportzweigen,welche in
3 AllgemeineSport-Zeitung (6. 1. 1900) 16.
4 AllgemeineSport-Zeitung (15.9. 1900) 1032.
5 AllgemeineSport-Zeitung (17. 12. 1911) 1713.
6 AllgemeineSport-Zeitung (7. 3 1915) 135.
7 OttoHerschmann,Wiener Sport (GroßstadtDokumente) (Berlin/Leipzig 1904) 22.
8 Herschmann, Sport, 22f.
Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Titel
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Untertitel
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Autoren
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 376
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918