Seite - 80 - in Sportfunktionäre und jüdische Differenz - Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
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80 4 Die jüdische Sportbewegung im Wien der Zwischenkriegszeit
mär im benachbarten Ausland stillte. Bald erwies sich dieWechselbeschrän-
kung als überaus nachteilig, wurde dadurch doch Nachwuchsspielern der
Hakoah,denenderSprungindieersteMannschaftverwehrtblieb,einWechsel
zu den kleineren jüdischen Vereinen unmöglich gemacht. So gingman vom
Transferverbot ab. Trotzdemdiktierte der Jüdische Sportverbandharte Bedin-
gungen für etwaigeSpielerübertritte. InderFolge sollte sich zeigen,dass eher
Spieler, die für die ersteMannschaft nicht infrage kamen, vonderHakoah zu
denkleinerenVereinenwechseltenals umgekehrt.47
Außerdemstandendiekleineren jüdischenVereine,wievieleandereVerei-
ne auch, unter erheblichemökonomischenDruck. Ihre Funktionäre undAkti-
venkamenausdenunterenSchichtenderBevölkerungunddenVereinen fehl-
tendieentsprechendenGönneroderSponsoren.Auchverfügtensienichtüber
ausreichende Einnahmen durch Kartenverkäufe, da sich das jüdische Publi-
kumsinteresse auf die Spiele der erstklassigenHakoah konzentrierte undwe-
nigRaumfürdieKleineren ließ.48 Ferner verfügtendiekleinerenVereineüber
keine eigenen Spielstätten. Die notwendige Anmietung fremder Plätze führte
zu finanziellenBelastungen, diemitunter durchMitgliedsbeiträge allein nicht
gedeckt werden konnten. Gleichzeitig sahen sich die Aktiven und Sympathi-
santenderkleinerenVereinegeradeauf fremdenPlätzen immerwiederantise-
mitischenVerunglimpfungenausgesetzt.49Womit dieHakoahbei denSpielen
aufhöchsterEbenekonfrontiertwar, erlebtenauchdieunterklassigenVereine
und in den niederen Klassenwaren Schutzmöglichkeiten nicht existent bzw.
konntenwenigeAgitatorenvielUnheil anrichten.
ZwarversuchtedieHakoahdenkleinerenVereinenunterdieArmezugrei-
fen, indem sie ihre Spielstätte zur Verfügung stellte, dochwar sie durch die
Notwendigkeit,deneigenenteurenProfikaderzuunterhalten,selbst inFinanz-
nötenundkonntedenbefreundetenVereinennurbedingt finanziell entgegen-
kommen.So teiltendiekleineren jüdischenVereinedasSchicksal vielernicht-
konfessioneller Vereine, für die es immer schwieriger wurde, den eigenen
Spielbetriebaufrechtzuerhalten.Deshalb schlossen sichkleinere jüdischeVer-
eine in der Folge zusammen und versuchten die Kräfte zu bündeln. An den
strukturellenProblemenändertedies allerdingsoftnurwenig. Sobildetenmit
Kadimah,Hechawer,Hazair-Makkabäaunddem JewishSportingClub vier jü-
discheVereine, die gemeinsamüber rund 500Mitglieder verfügten, eine Inte-
ressensgemeinschaft, um eine eigene Sportanlage zu errichten.50 Aus dieser
47WienerMorgenzeitung (28.5. 1924) 10.
48WienerMorgenzeitung (1. 5. 1923) 10.
49WienerMorgenzeitung (1. 5. 1923) 10.
50WienerMorgenzeitung (16.5. 1924) 10.
Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Titel
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Untertitel
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Autoren
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 376
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918