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Raum und jüdische Differenz im Wiener Fußball 109
Jahrenimmer inderoberstenLiga.ZumanderengabesdenSCAdmira,gemes-
senandenMeistertiteln (1927, 1928, 1932, 1934, 1936und1937)dererfolgreichs-
teVereinderProfiliga ab 1924.9
Der Floridsdorfer Athletiksport-Club (FAC)
Zur Analyse der spezifischenKonstellation jüdischer Identitäten und Identifi-
kationen ineinemnicht als jüdisch interpretiertenRaum10 scheint es sinnvoll,
aufwichtigeFunktionäredieserVereineeinzugehen.AndenBeginnseienbio-
grafischeSkizzenvonzwei jüdischenFAC-Präsidentengestellt.
Siegfried SamuelDeutsch, 1883 imniederösterreichischenRaggendorf ge-
boren, verbrachte einenGroßteil seines Lebens inFloridsdorf. Schon in seiner
JugendkamermitderSozialdemokratie inKontaktundtrat 1897der Jugendor-
ganisation der Partei bei. Später engagierte er sich vor allem in der Arbeiter-
sportbewegung.11 1907heiratete erHeleneBergerund imJahrdarauf eröffnete
er im Zentrum Floridsdorfs das Kleidergeschäft Wiener Salon Sobolewski &
Deutsch. Ab 1929 betrieb er diese Firma gemeinsam mit seinem Sohn Fritz
Deutsch,12nachdem„Anschluss“wurdesieunterkommissarischeVerwaltung
gestellt.13 1939 konnteDeutsch nach England emigrieren, späterweiter in die
USA. Zwischen 1919 und 1922 fungierte er als Präsident des FAC, bald darauf
wurde er zumPräsidenten des – zu dieser Zeit sozialdemokratisch dominier-
ten–WienerFußball-Verbandesgewählt.NachderHerauslösungdesbürgerli-
chenFußballsausdemgemeinsamenVerbandwurdeerPräsidentdesVerban-
des der Amateurfußballvereine Österreichs (VAFÖ), also des Verbandes der
sozialdemokratischenArbeiterfußballvereine.
Ob sich Deutsch öffentlich zum Judentum äußerte, ist nicht bekannt. Je-
denfalls ist er nie aus demmosaischenGlauben ausgetreten undhat 1924 im
Floridsdorfer Tempel eine Jüdingeehelicht. ZudemverweistHakoah-Präsident
IgnazHermannKörner darauf, dassDeutsch auch jüdischenTraditionen folg-
9 MatthiasMarschik, Floridsdorf. ImSchattender großenFabriken. In: PeterEppel, Bernhard
Hachleitner,WernerMichael Schwarz, Georg Spitaler (Hg.),Wo dieWuchtel fliegt. Legendäre
OrtedesWiener Fußballs (Wien 2008) 60–66.
10 Vgl. dazuBarbaraE.Mann, Space andPlace in JewishStudies (NewBrunswick 2012).
11WernerRöder, Herbert A. Strauss, JanFoitzik, BiographischesHandbuchder deutschspra-
chigen Emigration nach 1933. Hrsg. vom Institut für Zeitgeschichte (Research Foundation for
Jewish Immigration 1,München 1980) 129.
12Wiener Stadt- undLandesarchiv,Handelsregister, Einzelstück 2.3.3.B76.13.10–A13/10.
13 Österreichisches Staatsarchiv (ÖStA), Archiv der Republik, AdR E-uReangVVSt VABuch-
stabeD25434Deutsch, Samuel, 22. 5. 1883.
Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Titel
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Untertitel
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Autoren
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 376
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918