Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
Sportfunktionäre und jüdische Differenz - Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
Seite - 139 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 139 - in Sportfunktionäre und jüdische Differenz - Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938

Bild der Seite - 139 -

Bild der Seite - 139 - in Sportfunktionäre und jüdische Differenz - Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938

Text der Seite - 139 -

„Bodenständigkeit“ als Metapher 139 schen jüngst zugewanderten galizischen, polnischen oder „Ost“-Juden ande- rerseitsproblematisiert, die inWiennichtoder ebennochnichtwirklichzuge- hörig seien. „Bodenständig“ wird dabei in der zionistischen Presse zum Teil deskriptiv im Sinne von längerdauernder Sesshaftigkeit in Wien verwendet, wennetwaDieStimmeübereinen inderBrigittenaubodenständigen jüdischen Schauspieler berichtet.113 Zum Teil dient der Begriff der Selbstcharakterisie- rung, wenn von Juden und Jüdinnen gesagt wird, sie würden sich selbst als „bodenständig“ bezeichnen. Diese Differenzierung ist allerdings nicht durch- gängig: Häufig wurde der Begriff pejorativ gegen das nichtjüdischeWien ge- wendet,wennetwadas„bodenständigeVolk“vonWiengegendenZuzugwei- terer ehemaliger BewohnerInnen von „Balkan-Ghettos“ protestiert.114 Durch einhäufig vorangestelltes „an-“ oder „vorgeblich“ sollte dieBodenständigkeit dernichtjüdischenBevölkerungals Chiffre entlarvtwerden. Dochselbst,wennmanchmal langansässigen JudenundJüdinnenBoden- ständigkeit zugestandenwurde, blieb die Differenz bestehen: In dieserWeise argumentierte etwa der junge CV-Funktionär115 (und spätere Bundeskanzler) EngelbertDollfußimJahr1920undunterschiedzwischenschonlänger inWien ansässigen Judenund zugewanderten „Ostjuden“ausGalizien: „[W]egmit al- len fremden Juden aus demOsten. Beschränkung aller derer, die diesenWeg vorbereitet haben, der so genannten bodenständigen Juden, auf die ihnen nachdemFriedensvertrag zustehendenRechte, aufdie ihnennach ihrenKöp- fengebührendeZahl!“116Die einenmüsstenalsoweg, denanderenmüsse ein Numerus clausus auferlegtwerden.Daswurde schließlich zurStandardformel konservativer christlichsozialerKreise. NachdemStaatsstreich vonDollfuß im Jahr 1933undder Etablierungdes Austrofaschismus imJahr 1934wurde„bodenständig“vonderSozialdemokra- tie pejorativ auch imSinneinerAnpassungandasRegimeverwendet. Sogriff dieArbeiter-ZeitungdasBoulevardblattDie Stundean, das „bei jederGelegen- heit zeigen“wolle, „daßmansichbodenständig gleichgeschaltet hat“.117 Ab 1933 unterliegt die Verwendung des Begriffeswohl generell einer Ver- schiebung. Der Terminuswurde nunprimär benutzt, umpolitische und ideo- logische Zugehörigkeiten zumarkieren. Erwurde zumKampfbegriff, der „Bo- denständigkeit“ nun mit präzisen Zuschreibungen von „Verwurzelung“ zu 113 DieStimme (24. 12.​ 1936) 7. 114 DieStimme (26. 1.​ 1938) 1. 115 Der Cartell-Verband (CV) ist ein Korporationsverband katholischer Studentenverbindun- gen. 116WernerHanak-Lettner (Hg.),DieUniversität. EineKampfzone (Wien 2015) 124. 117 Arbeiter-Zeitung (3.8.​ 1933) 4.
zurück zum  Buch Sportfunktionäre und jüdische Differenz - Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938"
Sportfunktionäre und jüdische Differenz Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
Titel
Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Untertitel
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
Autoren
Bernhard Hachleitner
Matthias Marschik
Georg Spitaler
Verlag
De Gruyter Open Ltd
Ort
Berlin
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-055331-4
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
376
Kategorien
Geschichte Nach 1918
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Sportfunktionäre und jüdische Differenz