Seite - 153 - in Sportfunktionäre und jüdische Differenz - Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
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Case Study: Der First Vienna Football Club 1894 153
terschaftserfolgen. Der spätere Kommerzialrat machte erste berufliche Erfah-
rungen imelterlichenBetrieb. Später betätigte er sich als Schuhfabrikant und
machte sich 1905mit der Neumann& Cie. Baumwollagentur, die in späterer
FolgePelzhandel betrieb, selbstständig.
Für die Vienna nutzte er seine umfangreichen geschäftlichen Verbindun-
gen, um lukrative Spielengagements im Ausland abzuschließen bzw. Veran-
staltungen–wieBoxkämpfe oderOpernaufführungen–auf derHohenWarte
möglich zumachen. So gastierte etwa der finnische Langstreckenläufer und
OlympiasiegerPaavoNurmi 1928 inDöbling.169MitdermultifunktionalenNut-
zung des Stadions HoheWarte versuchte Neumann die finanzielle Basis für
die Vienna imKonkurrenzkampf derWiener Spitzenteams imProfifußball zu
legen.
ImLaufeder 1920er-JahrewurdeNeumanndurchseinvielfältigesEngage-
ment zumpersonifiziertenGesichtderVienna inderSportöffentlichkeit.Unter
seinemSpitznamen „Heilala“, in der einschlägigen Sportpresse immerwieder
GegenstandderBerichterstattung, sah sichNeumannmitunterharscherKritik
vonverschiedenenSeitenausgesetzt. Für seinBestreben,Sportundgeschäftli-
cheAktivitäten inVerbindung zu bringen,wurde er häufig kritisiert. So beim
österreichischen Cupfinale 1925 auf der Hohen Warte, als Neumann in der
HalbzeitpauseeineModenschauveranstalteteunddieArbeiter-Zeitungschrieb,
er habe das Sportfinale „als Staffage für sein Pelzmodengeschäfte miss-
braucht.“170AuchimfolgendenJahrmeldetesichdiesozialdemokratischePar-
teizeitungzuWort: „JedenfallswirdderHerrKommerzialratnichtsunterlassen
was geeignet ist, das schöne Cupmatch durch nur irgendeine erreichbare Ge-
schmacklosigkeit zu verhunzen.“171
Für seine jüdischeHerkunft als auch für seineAbwendungvomJudentum
ernteteNeumann immerwiederKritik.Das Illustrierte Sportblattmachte inan-
tisemitischemTenor seineHerkunft zumThemaderBerichterstattung:
„wohl behaupten böse Zungen, von allem Anfange an einer Mitgliedschaft des Herrn
KommerzialratesbeiderHakoahkeinesatzungsmäßigenSchwierigkeitendesVereines im
Wegegestandenwären,unddaßer sichauch jetzt nicht allzusehr verkleidenmüsse, um
eventuell für einMitgliedderHakoahangesehen zuwerden“.172
Dochauchvonzionistischer Seite erntetederKonvertitNeumannunverhohle-
neKritik.Sowirder inderWienerMorgenzeitungals„Judenxandl“bezeichnet,
169 Juraske, Blau-Gelb, 194.
170 Arbeiter-Zeitung (10. 11. 1925) 7.
171 Arbeiter-Zeitung (7. 5. 1926) 9.
172 Illustriertes Sportblatt (10.4. 1926) 5.
Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Titel
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Untertitel
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Autoren
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 376
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918