Seite - 154 - in Sportfunktionäre und jüdische Differenz - Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
Bild der Seite - 154 -
Text der Seite - 154 -
154 6 Raum
„wie ihndieChristlichsozialennannten, als er seinerzeit für dieNationalratswahlenkan-
didierte,173 damals in großen Lettern verkünden ließ, er sei der wahre Christ. […] Das
Treiben dieses ehemaligen Israelitenmacht es den jüdischen Vereinenwirklich unmög-
lich,mit derVienna freundschaftlicheSportbeziehungenzuunterhalten.“174
Vom langjährigenHakoah-Präsidenten IgnazHermannKörnerwirdNeumann
retrospektiv als „ein inWienHeilala genannterwütenderAntisemit, der seine
jüdischeProvenienzdurcheine evangelischeKirchenratsstelle zuverschleiern
suchte“, bezeichnet175 Aber auch die Vienna selbst kritisierte der Zionist Kör-
ner massiv: „In den letzten Jahren blühte in dieser jüdischen Gründung ein
derartiger Antisemitismus, dass nur noch ganzwenige assimilierte Juden bei
derVienna zu findenwaren.“176
AuchKörner stellte– sichselbstwidersprechend– letztlich fest, dass „be-
sonders viele prominenteWiener jüdische Fußballer für die blau-gelben Far-
ben spielten“177, undgabdafürBeispiele.
BeiallersportlichenKonkurrenzkooperiertenHakoahunddieViennarela-
tiv oft. Immerwiedermietete sichdieHakoah imStadionHoheWarte einund
veranstaltete Wett- und Freundschaftsspiele sowie Leichtathletikmeetings in
Döbling. So organisierte die Hakoah anlässlich des XI. Zionistenkongress im
September 1913 einTurn- undSportfest auf derHohenWarte.
Körners harscheKritik zielte auf den relativ hohenAnteil der Konvertiten
in Spitzenpositionen bei der Vienna ab, der demZionisten ein Dorn imAuge
war. So wurden diese Konvertiten, von jüdisch-nationaler Seite wie erwähnt
abschätzig als „Täuflinge“bezeichnet,mitunter scharf kritisiert,wardochaus
dieserPerspektivedieAbwendungvomjüdischenGlaubeneinklarerVerratan
der (gemeinsamen) jüdischenSache.
Unterstützung inVereinsbelangenfandNeumanndurchden1888 inStern-
berg (Mähren) geborenen und aus einer jüdischen Fabrikantenfamilie stam-
menden langjährigen Vizepräsidenten Ernst Friedmann. Anfang der 1920er-
Jahreübernahmer zusammenmit seinemälterenBruderOttodieRinger&Co
Maschinen Erzeugungs- undHandelsgesellschaft.178 Nach demTode des Bru-
173 Erkandidierte 1919 fürdieDemokratischeMittelstandspartei, sieheReichspost (17. 2. 1919) 1.
174WienerMorgenzeitung (1.4. 1926) 9.
175 Ignaz Hermann Körner, Lexikon Jüdischer Sportler inWien. 1900–1938. Hg. u. ed. von
MarcusG.Patka imAuftragdes JüdischenMuseumsWien (Wien 2008) 44.
176 Körner, Lexikon, 44.
177 Körner, Lexikon, 44.
178 LehmannsAllgemeinerWohnungs-AnzeigernebstHandels- undGewerbe-Adreßbuch für
dieBundeshauptstadtWien,Band 1 (Wien 1921/1922) 436.
Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Titel
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Untertitel
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Autoren
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 376
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918