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„Jüdische“ Sportpresse? 169
Hochkultur.AlsMeisterdiesesFachsgaltWillyMeisl,derdengrößtenTeilder
Zwischenkriegszeit allerdings nicht inWien tätigwar.26 ImMärz 1923 schied
er aus der Redaktion des Sport-Tagblatt aus und ging nach Schweden,wo er
„beidemFußballklubHammarbyalsSportlehrerundgleichzeitigalsMitarbei-
ter der größten Tageszeitung Skandinaviens, des ‚Dagens Nyheter‘ tätig“
war.27 In Wien glichen Meisls Artikel am ehesten jenen von Emil Reich im
NeuenWiener Journal. Viele der österreichischen Sportzeitungen hatten pro-
minente jüdischeHerausgeber oder Journalisten, deren jüdischeHerkunft in
den Zwischenkriegsjahrenwohlbekannt war und ab demMärz 1938 zumDik-
tumvonder „verjudeten Sportpresse“ beitrug: Sowar das Illustrierte (österrei-
chische)Sportblatt 1911unteranderemvomSki-undRadpionierFelixSchmal28
mitbegründet worden, der zuvor schon amAufbau der Sportberichterstattung
desNeuenWienerTagblattsbeteiligt gewesenwarundauch inderAnfangszeit
desSport-Tagblattsaktivwar. IndieserZeitung fungierteweitersLeoGorlitz als
ersterHerausgeber,Art(h)ur Steiner als Schriftleiter fürKörpersport undFranz
Rosenthal, der späterdenAutomobilsport inderWiener Sonn- undMontagszei-
tungbetreute, als Verantwortlicher für denMotorsport. Einer der prominentes-
tenSchreiberdesBlatteswarErwinMüller.29Adolf Schmal(-Filius), österreichi-
scher Olympiateilnehmer im Fechten und im Radfahren, war wiederum der
Gründer zunächstder IllustriertenAllgemeinenRadfahrerzeitung, späterderAll-
gemeinenAutomobil-Zeitunggewesen.
Schließlich kamen aber auch viele österreichische Tageszeitungen nicht
ohne jüdischeSportjournalistenaus.30Sogiltderspäter inAuschwitzermorde-
te Hakoah-Präsident Fritz Löhner-Bedamit seinen Sportreportagen imNeuen
Wiener Abendblatt als einer der frühen essayistischen Fußballberichterstatter
Wiens.31OscarPollak,derspätereChefredakteurderArbeiter-Zeitung,hattesei-
26 Erik Eggers, Willy Meisl. Der „König der Sportjournalisten“. In: Schulze-Marmeling (Hg.),
Davidstern, 288–299, hier 290.
27 Sport-Tagblatt (15.3. 1923) 3.
28 Hannes Strohmeyer, Schmal, Felix (1876–1927), Sportpionier, Sportjournalist und Sport-
schriftsteller. In: Österreichisches Biographisches Lexikon, 1815–1950, Bd. 10, 48. Lieferung
(Wien 1992) 226.
29 Lebensaft,Müller, Erwin.
30 So fand Theodor Venus bei seinen Recherchen im Rahmen des Forschungsprojektes zu
„Jüdischen Journalistinnen und Journalisten in Österreich 1848–1938“ unter insgesamt etwa
3.000 JournalistInnen86Personen, die inSportressorts tätigwaren, onlineunter http://www.
zukunftsfonds-austria.at/download/P07-0166_abstract.pdf (22. September 2016). Wir danken
Theodor Venus für die Möglichkeit der Einsichtnahme in bisher unveröffentlichtes Material
seinerUntersuchung.
31 MatthiasMarschik, Zwischen Zionismus undAssimilation. Jüdischer Fußball inWien. In:
DittmarDahlmann,AnkeHilbrenner,BrittaLenz (Hg.),Überall istderBall rund.ZurGeschichte
Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Titel
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Untertitel
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Autoren
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 376
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918