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120 Hemma Mayrhofer
und Unzuverlässigkeit auf Seiten der Jugendlichen decke. Man müsse grund-
sätzlich damit rechnen, dass vereinbarte Termine nicht eingehalten werden,
bzw. würden dementsprechend zeitliche Fixierungen möglichst geringhal-
ten.24 Möglicherweise war aber auch – so eine Hypothese des For-
schungsteams – im Nachdenken darüber, was über das eigene Leben erzählt
werden könnte, wenig „Berichtenswertes“ identifiziert worden. Manche der
ehemaligen NutzerInnen hatten diesbezügliche Andeutungen bereits im tele-
fonischen Erstkontakt erkennen lassen. Dieser Aspekt wird in den abschlie-
ßenden Methodenreflexionen näher ausgeführt. Diejenigen Personen, mit
denen allerdings ein lebensgeschichtliches Interview realisiert werden konn-
te, erweckten im Gespräch überwiegend den Eindruck, dass sie sich in der
Erhebungssituation – nach eventuellen anfänglichen Unsicherheiten – durch-
aus wohl fühlten.
Bedeutsam ist auch, dass in den geführten Gesprächen nur sehr einge-
schränkt ein „idealtypischen“ Ablauf des narrativen Interviews realisiert
wurde, häufig entstand zu Beginn keine Stegreiferzählung im eigentlichen
Sinn, teilweise entfaltete sich aber die Bereitschaft und das Vermögen zum
Erzählen nach und nach während der zweiten Interviewphase. Zu berücksich-
tigen ist hier, dass die interviewten Personen großteils wenig bis keine Erfah-
rung darin hatten, ihre Lebensgeschichte zu erzählen und in eine Gesamtge-
stalt zu integrieren. Oft handelte es sich auch um Biografien, die selbst nicht
als „Erfolgsstories“ betrachtet werden, bzw. um Personen aus sozioönono-
misch benachteiligten Verhältnissen und mit Migrationshintergrund, die oft
geringe Chancen hatten und Ressourcen dafür mitbekamen, ihr Leben aktiv
zu gestalten, die sich also mehr erlebend denn handelnd wahrnahmen. Des-
halb wurde im Forschungsverlauf auch dazu übergegangen, von narrationso-
rientierten lebensgeschichtlichen Interviews zu sprechen, insofern das Vor-
gehen darauf ausgerichtet ist, Narrationen zu fördern, auch wenn dies fak-
tisch oft nur eingeschränkt gelingen mag.
Auswertung: qualitativ-rekonstruktive Biografieanalyse
Die Auswertung der narrationsorientierten biografischen Interviews basiert
auf den theoretischen Grundannahmen einer interpretativen Methodologie
(vgl. Marotzki 2004) und erfolgte in freier Anlehnung an die von Schütze
(1983, vgl. auch Riemann 1987, Przyborski/Wohlrab-Sahr 2010), aber auch
Rosenthal (1995) entwickelten narrationsanalytischen Verfahren. Zunächst
war versucht worden, die bei Schütze vorgeschlagene Vorgehensweise der
Narrationsanalyse auf das Datenmaterial anzuwenden. Dieses erwies sich
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24 Mobile Jugendarbeit realisiert damit in hohem Ausmaß zeitliche Niederschwelligkeit (vgl.
Mayrhofer 2012, S. 160)
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Buch Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit - Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse"
Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Titel
- Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
- Untertitel
- Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Autor
- Hemma Mayrhofer
- Verlag
- Verlag Barbara Budrich
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-8474-1130-7
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 378
- Schlagwörter
- Society & social sciences, Social services & welfare, criminology, Social welfare & social services, Social work
- Kategorie
- Geisteswissenschaften