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130 Hemma Mayrhofer
sen bildet. Johann beschreibt seine schulische Laufbahn nicht mit schulischen
Leistungen oder Hürden, sondern als nicht immer einfach aufgrund einer
körperlichen Beeinträchtigung, nämlich Neurodermitis. Damit erklärt er seine
damalige Zurückgezogenheit. Bemerkenswerterweise wird die Hautkrankheit
nur mit der Schule in Zusammenhang gebracht, nicht aber mit der Freizeit,
obwohl sie dort sicher auch vorhanden und sichtbar war. Die kurze Erwäh-
nung Johanns erweckt den Eindruck, als habe er in der Schule nicht so wirk-
lich dazu gehört und sich nicht wohl gefühlt, die Gesprächspassage bleibt
auch personenleer.
Der Lehrbeginn zeigt sich als wichtiges Lebensdatum, Johann nennt das
genaue Datum im Interview. Die berufliche Laufbahn von Johann wurde
durch den Vater stark vorstrukturiert. Beide Söhne lernten technisch-
handwerkliche Berufe und absolvierten ihre Lehre in der Firma, in der auch
der Vater arbeitet, dieser ebnete den Weg zur Lehrstelle („I hab ned amoi a
Vorstellungsgespräch g'habt“ – NI1: S. 15/Z22f.). Der Vater zeigt sich dabei
sowohl als Ressource als auch als Einschränkung. Johann problematisiert im
Gespräch allerdings nicht die Berufswahl an sich, sondern nur die Arbeits-
stelle, an der er die Lehre absolvierte. Problematisch daran erscheint die Nähe
zum Vater, durch die er in einer bestimmten Rolle gesehen wurde, nämlich
als Sohn, der im Verdacht steht, sich deshalb zu viel herauszunehmen:
„Und ja, i hab mi da hoit nie drinnen wohlg'fühlt, weil ständig immer der Hintergedan-
ke a mit die Aussagen von den ganzen Arbeitern a: ‚Ja weilst den Vatern da hast,
kannst goschert (vorlaut, Anm. d. Verf.) sein.‘„ (NI1: S. 15/Z26ff.)
Der Schatten des Vaters verfolgt ihn in der Arbeit, gleichzeitig sucht er dort
aber auch seine Nähe, er besucht ihn in den Pausen. Die Beschreibungen
dieser gewollten Begegnungen mit dem Vater klingen deutlich anders als
sonstige Schilderungen, sie wirken fast friedlich-harmonisch:
„(…) sicher hab i vü mit'm Vatern g'redt a, oiso vü g'redt, in der Pause bin i hoit zu
eam ab und zu ganga, hab Zeitung g'lesen, hab mit eam des Kreuzworträtsel oder was
g'löst, g'schaut wegen die Fehler, was gibt, und dann bin i wieder ganga.“ (NI1: S.
15/Z30ff.)
An dieser Stelle schimmert kurz eine andere, nämlich positive Vater-Sohn-
Beziehung durch. Möglicherweise verbindet der Arbeitskontext, dem familiä-
ren Frieden zuträglich dürfte auch gewesen sein, dass beide im Betrieb in
verschiedenen Bereichen und mit unterschiedlichen Aufgaben arbeiteten.
Insgesamt zeigt sich die Lehrzeit aber vorrangig als institutionell bestimmte
Lebensstation, die mit einem Unwohlgefühl verbunden wird, hinzu kommen
zunehmend Alkohol- und Drogenprobleme, auf die weiter unten näher einge-
gangen wird.
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Buch Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit - Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse"
Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Titel
- Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
- Untertitel
- Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Autor
- Hemma Mayrhofer
- Verlag
- Verlag Barbara Budrich
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-8474-1130-7
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 378
- Schlagwörter
- Society & social sciences, Social services & welfare, criminology, Social welfare & social services, Social work
- Kategorie
- Geisteswissenschaften