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Biografische Fallstudie „Johann“ 131
7.3 Lebensphase Jugendtreff
In die Zeit der Lehre fällt der Erstkontakt mit MOJA. Dem Engagement der
mobilen Jugendarbeit ging allerdings eine konflikthafte Phase zwischen Ju-
gendlichen und einem Vorgänger-Jugendtreff, das von der Heimatgemeinde
direkt betrieben worden zu sein scheint, voraus. Johann erlebte sich mit ande-
ren Jugendlichen seines Alters aufgrund einer altersmäßigen Limitierung der
Zielgruppe mit maximal 12 Jahren, so wird berichtet, ausgeschlossen. Die
Jugendlichen nahmen diesen Ausschluss nicht hin – „nimm einem Jugendli-
chen die einzige Herberge, die er hat. Nimm einem Sandler seinen Karton
weg“ (NI1: S. 11/Z31f.), gingen auf Konfrontation mit der Leitung des Ju-
gendtreffs und überschritten dabei auch legale Mittel, indem sie Sachbeschä-
digungen in den Treff-Räumlichkeiten betrieben, so Johanns Erzählung. Die
herbeigerufene Polizei erwies sich als ungeeignet, den Konflikt zu kalmieren
oder gar zu lösen, die Jugendlichen dürften vielmehr lustvoll damit gespielt
haben, das Herbeirufen der Polizei durch Randalieren im Jugendtreff zu pro-
vozieren, um sich bei deren Eintreffen in alle Winde zu zerstreuen: „… ham
ma halt, ja ab und zu die Polizei halt antanzen lassen“ (NI1: S. 10/z33f.). Und
kurz später führt er näher aus:
B: „Wir ham randaliert. Und das im guten Stil. (…) Und wie die Blaulichter halt
kommen sind, sim ma alle im Gänsemarsch raus, und ham g'sagt: ‚Auf Wiedersehen.‘
(lacht) Ja und wie's dann halt g'heißen hat ‚Halt!‘, ham ma sich aufteilt. (lacht) (…)
I: „Und die Polizei hat was ‘tan?“
B: „Ja zwei drei hat's glaub ich dawischt, aber des woars dann a schon- und die ham
halt g‘sagt: ‚I sag nix.‘ (lacht) Chancenlos g'wesen. Mit der Augenzeugin (gemeint ist
die damalige Jugendtreff-Leiterin, Anm. d. Verf.) (…), ja, sie hat die Optionen g'habt,
verkackt sie sichs komplett mit uns, wenn‘s uns alle anzeigt, oder sagt's: ‚Na, das war
Fehlalarm.‘„ (NI1: S. 11/Z11ff.)
Hier zeigt sich ein Konflikt auf Gemeinwesenebene, der mit der Exekutive
allein kaum sinnvoll zu lösen ist, sondern andere, auf Interessensvermittlung
und Verständigung abzielende Konfliktlösungsmethoden verlangt. Die Ju-
gendlichen eskalieren Johanns Erzählung zufolge den Konflikt erfolgreich,
dabei gehen sie mit der Polizei nicht direkt in Konfrontation, die scheint eher
lustvolles Beiwerk zu sein, mit der damaligen Leiterin hingegen schon, gegen
sie richtet sich die Empörung und Zerstörungswut der Jugendlichen. Sie
zeigen demzufolge viel Gespür dafür, wie sie die beiden unterschiedlichen
Akteursebenen jeweils relativ machtlos aussehen lassen können. Denn beide
Ebenen können nicht allzu repressive Mittel anwenden, ohne eine moralische
Niederlage zu riskieren. Die Gruppe Jugendlicher selbst wirkt mächtig in der
Erzählung, sie wird als Ressource erfahren.
Die ausführlich und lebhaft geschilderte Begebenheit fügt sich in eine Er-
zählkette von Herbergssuche und Vertreibung der Jugendlichen ein. Sie lässt
zugleich einen widerständigen Persönlichkeitskern im Wechselverhältnis von
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Buch Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit - Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse"
Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Titel
- Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
- Untertitel
- Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Autor
- Hemma Mayrhofer
- Verlag
- Verlag Barbara Budrich
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-8474-1130-7
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 378
- Schlagwörter
- Society & social sciences, Social services & welfare, criminology, Social welfare & social services, Social work
- Kategorie
- Geisteswissenschaften