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Biografische Fallstudie „Johann“ 137
der kulinarischen Seite abgesehen – nicht als Bereicherung, sondern als ten-
denziell schwierig erlebt wird. Allerdings scheint der oberflächliche Verstän-
digungsprozess dafür ausgereicht zu haben, nachfolgend ein konfliktfreie(re)s
Nebeneinander zu ermöglichen.
Als eine besondere Höhepunktsituation wird von Johann die Erfahrung
geschildert, auf Bitte von MOJA anderen Gemeinden, die vergleichbare Pro-
jekt zu starten überlegten, das eigene Knowhow in Bezug auf den Aufbau
und Betrieb des Jugendtreffs weiterzugeben. Der Impuls hierfür kam von
MOJA, die an Johann herantrat und ihm vorschlug, bei einem Meeting mit
den anderen Gemeinden als Experte teilzunehmen. Die Erzählung mit ihren
eingeflochtenen Evaluierungen verweist auf unterschiedliche wirkungsrele-
vante Aspekte: Zunächst lässt die Textstelle – auch in Verknüpfung mit der
Gesamtgestalt des Lebensverlaufs – erkennen, dass es sich für Johann um
keine selbstverständliche Erfahrung handelte, als Experte wahrgenommen
und für wichtig gehalten zu werden. Ihm wurde dadurch ermöglicht, sich in
eine neue Rolle zu begeben und in dieser zu bewähren, nämlich in der des
Experten für den Aufbau und Betrieb eines Jugendtreffs. Die mobile Jugend-
arbeit unterstützt damit eine Veränderung der Selbstwahrnehmung, in dem
sie Jugendlichen bestimmte Rollen zutraut und zuweist, dies kann in Distanz
zu bisherigen Fremd- und Selbstwahrnehmungen bringen. Nach Johanns
Erzählungen wurde er von den TeilnehmerInnen des Treffens in der Exper-
tenrolle auch anerkannt und so in der positiven neuen Rolle bestärkt. Weiter
lässt der Biograf erkennen, dass ihm die Anfrage der JugendarbeiterInnen um
Unterstützung die Erfahrung ermöglichte, von ihnen nicht nur Hilfe zu erfah-
ren, sondern ihnen auch etwas zurückgeben zu können. Hierin kommt ein
reziprokes Hilfsverständnis zum Ausdruck: „Ihr habt's mir g'holfen, jetzt‘n
werd ich euch hängen lassen, na eh klar (…), das lass ich ma nicht nachsa-
gen. na.“ (NI1: S. 21/Z9f.) Es gelingt Johann dadurch zugleich, das professi-
onelle Hilfsbeziehungen üblicherweise charakterisierende einseitige Unter-
stützungsverhältnis zu durchbrechen: Er hilft seinerseits den Jugendarbeite-
rInnen. Inwieweit die Anfrage um Unterstützung von Seiten der Jugendarbeit
vorrangig als Intervention (im Sinne von Johann die Möglichkeit zu bieten, in
eine Expertenrolle zu schlüpfen) oder als tatsächliche Hilfsanfrage gemeint
gewesen war, lässt sich aus dem Interview selbst nicht erschließen.27 Wir-
kungsbezogen erscheint relevant, dass Johann sich als Experte ernst genom-
men erlebte und die Erinnerung an die Erfahrung auch in der Gegenwart
einen positiven Selbstbezug ermöglicht.
Die Erzählung beinhaltet noch einen dritten wichtigen Aspekt: An zwei
Stellen gibt es Verweise darauf, dass Respekt zu genießen oder sich solchen
zu verschaffen potenziell im Zusammenhang mit physischer Gewalt gesehen
______________________
27 Von Seiten MOJAs wurde nachträglich darauf verwiesen, dass beide Aspekte eine Rolle
spielten.
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Buch Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit - Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse"
Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Titel
- Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
- Untertitel
- Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Autor
- Hemma Mayrhofer
- Verlag
- Verlag Barbara Budrich
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-8474-1130-7
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 378
- Schlagwörter
- Society & social sciences, Social services & welfare, criminology, Social welfare & social services, Social work
- Kategorie
- Geisteswissenschaften