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138 Hemma Mayrhofer
wird. Zunächst deutet Johann an, dass seine eigene Respektstellung unter den
Jugendlichen auf einem ihm zugeschriebenen Gewaltpotenzial beruht habe:
„Vor mir haben's (die anderen Jugendlichen, Anm. d. Verf.) immer einen
Respekt g'habt. Obwohl ich nie hing'haut hab. Aber sie haben sich immer
davor g'fürchtet dass ich einmal hinhau.“ (NI1: S. 20/Z11f.) Kurz später
schildert er;
„(…) MOJA, super Vermittlungsteam, und zur Not stellst halt die zwei Hauptbetreiber
oder was dazu (zu den JugendarbeiterInnen, Anm. d. Verf.) und ihr marschiert's in die
Gemeinde und haut's einmal am Tisch (lacht). Nur wer sich bemerkbar macht, wird
g'sehn.“ (NI1: S. 21/Z1ff.)
Respektbeziehungen werden über latente Androhung physischer Gewalt
geschaffen, allerdings scheint Letztere nur als letztes Mittel eingesetzt zu
werden, sie steht eher als Drohkulisse am Horizont. Der auf Dialog und
wechselseitigem Verständnis beruhenden Vermittlungskompetenz von MO-
JA wird zugleich große Anerkennung gezollt. Unter Bezugnahme auf die
zum Teil von erheblicher physischer Gewalt gekennzeichneten familiären
Beziehungen (s.o.) lässt sich die Vermutung aufstellen, dass die von den
JugendarbeiterInnen vorgelebten, auf Dialog und kommunikative Aushand-
lung ausgerichteten Beziehungsformen neue Beziehungserfahrungen ermög-
lichten und als solche akzeptiert und auch wertgeschätzt wurden. Aktiv anzu-
eignen scheint sich Johann diese Beziehungsformen aber in begrenztem
Ausmaß, physische Gewalt als basale Beziehungsform wird damit (zunächst
noch) nicht grundsätzlich abgelöst, sondern eher ergänzt. Dennoch stehen
dadurch alternative Formen der Beziehungsgestaltung und Interessensaus-
handlung zur Verfügung, der Kontakt zur mobilen Jugendarbeit ermöglichte
Johann auch die Erfahrung, so resümiert er, dass sich mit Reden etwas verän-
dern lässt.
7.4 Leben als junger Erwachsener
Nach der Schließung des Jugendtreffs (u.a. aufgrund des baulich schlechten
Zustands der Räumlichkeiten) bricht der enge Kontakt zur mobilen Jugend-
arbeit ab. Johann ist zu diesem Zeitpunkt ca. zwanzig Jahre alt, er beginnt
eine erste Beziehung und zieht in den Nachbarort, dort kurzfristig auch zur
Freundin. Es deutet sich eine Distanzierung von den sozialen Kontakten zum
Heimatort insgesamt an. Die Arbeit zeigt sich als das Leben stabilisierender
Faktor, scheint aber aktuell eher durch Eintönigkeit bestimmt zu werden, die
durch Motorrad-Fahren unterbrochen wird. Vorrangig lässt sich eine Ereig-
nisverstrickung erkennen, zu der insbesondere eine starke Depression nach
dem Ende der ersten Beziehung und Suchtprobleme beitragen.
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Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Titel
- Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
- Untertitel
- Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Autor
- Hemma Mayrhofer
- Verlag
- Verlag Barbara Budrich
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-8474-1130-7
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 378
- Schlagwörter
- Society & social sciences, Social services & welfare, criminology, Social welfare & social services, Social work
- Kategorie
- Geisteswissenschaften