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Biografische Fallstudie „Johann“ 139
Generell zeigen sich nahe Beziehungen mehrfach als Quelle für Enttäu-
schungen und als Gefährdung der psychischen Stabilität. Der Weg in die
Depression scheint vor allem durch folgende negative Einflussfaktoren be-
fördert worden zu sein: erstens durch die als unangenehm erlebte Situation
am Arbeitsplatz, die auch oder sogar vor allem mit dem dort arbeitenden
Vater in Zusammenhang gebracht wird, zweitens durch die Beziehungsprob-
leme mit der Freundin und die anschließende Trennung. Es kommt zu einem
absoluten Tiefpunkt in Johanns Leben, der von schwerer Depression, Ar-
beitsunfähigkeit, Suchtproblemen und nahezu völliger Handlungsunfähigkeit
geprägt ist.
In dieser Zeit existenzieller Probleme greift Johann auf die Vertrauensbe-
ziehung zu den JugendarbeiterInnen zurück und sucht im Zusammenhang mit
seinen Beziehungsproblemen und den damit verknüpften Depressionen aktiv
das Gespräch mit einem Jugendarbeiter von MOJA. Die JugendarbeiterInnen
werden als Rückversicherung für schwierige Lebenssituationen sichtbar, sie
können weiterhin als Ressource für problemzentrierte Informations- und
Beratungsgespräche genutzt werden – oder auch einfach dafür, sich einmal
auszusprechen, jemanden zum Zuhören zu haben. Johann ging seiner Schil-
derung zufolge nicht aus eigener Idee zu einem Psychiater, um sich helfen zu
lassen, dies zählte offenbar nicht zu seinen lebensweltlich vertrauten bzw.
verfügbaren Lösungsstrategien. Über das Gespräch mit dem Jugendarbeiter
wurde diese Option überhaupt denkbar und dann auch realisierbar. Neben den
Kontakten zu den JugendarbeiterInnen werden aber auch zwei enge Freunde
an wenigen Stellen kurz als wichtige persönliche Bezugspersonen und Stüt-
zen in schwierigen Zeiten erkennbar.
Das frühe Erwachsenenalter wird insgesamt von Problemen mit Drogen-
konsum begleitet. Das Konsumverhalten zeigt sich dabei durchaus als ris-
kant, Johann geht immer wieder an seine Grenzen bzw. überschreitet diese
mithilfe unterschiedlicher Drogen. Eine Grenzerfahrung des nahezu völligen
Verlustes der geistigen Leistungs- und Wahrnehmungsfähigkeit und spürbare
körperliche Folgen motivieren ihn zur starken Reduktion des Suchtmittelkon-
sums. Bestärkt wird diese Selbstbeschränkung durch finanzielle Probleme
aufgrund der hohen Ausgaben für Suchtmittel und durch die Erfahrung, dass
sich der Drogenkonsum auch als Risiko für seine Berufstätigkeit zeigt. Letz-
tere nicht zu sehr zu gefährden, wird als wichtige Motivation für einen kon-
trollierteren Umgang mit dem eigenen Suchtverhalten erkennbar. Auch zur
Bewältigung dieser Problematik greift Johann auf die Vertrauensbeziehung
zu MOJA zurück und sucht aktiv das Gespräch mit ihnen. Ungewisser zeigt
sich hier das Glücken von Weitervermittlungsversuchen zu spezialisierter
Hilfe, Johann holt sich zwar Informationen hierzu von der Jugendarbeit,
wendet sich aber (jedenfalls zunächst) nicht an Einrichtungen der Suchthilfe.
Aktuell versucht Johann durch einen Entzug wieder mehr Handlungsho-
heit über sein Leben zu gewinnen. Der Umgang mit Drogen dürfte aber wei-
zurück zum
Buch Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit - Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse"
Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Titel
- Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
- Untertitel
- Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Autor
- Hemma Mayrhofer
- Verlag
- Verlag Barbara Budrich
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-8474-1130-7
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 378
- Schlagwörter
- Society & social sciences, Social services & welfare, criminology, Social welfare & social services, Social work
- Kategorie
- Geisteswissenschaften