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148 Florian Neuburg
Wichtig erscheint ihr zu betonen, dass sie in Afghanistan durch harte Arbeit
eigentlich die Rolle eines Mannes erfüllt habe:
„(...) ich hatte keine Kindheit also. Ich hab in Afghanistan, äh musste ich arbeiten als
kleines Kind damit wir was zu Essen verdienen, weil wir hatten Tage, wo wir kein Es-
sen hatten. Und ä h, ich war schon von klein auf sozusagen, jeder sagt zu mir ich bin
ein Mann gewesen. Also ich war von klein auf wie ein Mann also, ich bin so Frau und
Mann.“ (NI2: S. 14/Z22ff.)
Sie hat demzufolge jung die persönliche Erfahrung gemacht, dass konservati-
ve Rollenbilder der Realität oft nicht standhalten. Roxane sieht diese zuge-
schriebene männliche Rolle offenbar nicht als Nachteil, denn sie wäre des-
halb von Männern und Frauen gleichermaßen akzeptiert worden. Vielleicht
ist das mit ein Grund, warum sie sich auch heute nicht als durch ihr biologi-
sches Geschlecht auf bestimmte Rollen und Verhaltensweise festgelegt ver-
steht.
In diesem Zusammenhang ist interessant, dass Roxane an einer anderen
Stelle des Interviews die Sängerin Conchita Wurst als positives ‚role model‘
nennt, obwohl sie damit bei vielen Jugendlichen anscheinend auf Unver-
ständnis stößt, einige dürften auch homophobe Aussagen machen:
„Conchita find ich äh super weil das ist ein Mensch, wo dieser Mensch sagt, ich zeige
mich wie ich bin, mir ist scheißegal, was die Leute sagen, ich zieh das durch“ (NI2: S.
11/Z34f.).
Afghanistan erinnert Roxane als das Land, in dem ihr als Mädchen der Be-
such einer Schule verwehrt wurde, und als Gesellschaft, in der ihre Mutter,
eine Anwältin, auf offener Straße geschlagen wurde, weil sie das Tragen
eines Kopftuchs verweigerte. Diese Episode scheint für Roxane als Bezugs-
punkt für Themen auf, welche sie das ganze Interview über verhandelt: das
Recht von Frauen auf Selbstbestimmung, patriarchale Formen von Unterdrü-
ckung und Gewalt, konservative und tendenziell fanatische Auslegungen von
Religion und deren Auswirkungen.
Roxane geht auf ihre Erlebnisse während der Flucht aus Afghanistan nach
Europa nur kurz ein. Es kann vermutet werden, dass sie diese Erfahrung nicht
näher erinnern will. Roxane berichtet blitzlichtartig davon, dass die Familie
die Dienste von Schleppern in Anspruch nehmen musste: „(...) u n d ä h,
also wir sind dann hergeschleppt worden, also durch schwarz-, durch (Wald)
und, und 2001 waren wir in Österreich“. (NI2: S. 1/Z22) Sie betont den Sta-
tus der Familie als „politische Flüchtlinge“ bei der Ankunft in Österreich.
Migration und erste Jahre in Österreich
Roxane beschreibt, dass sie in Österreich „nie in der Schule war“, weil ihr
Vater sie in Österreich immer wieder zu verschiedenen Stellen zum Überset-
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Buch Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit - Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse"
Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Titel
- Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
- Untertitel
- Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Autor
- Hemma Mayrhofer
- Verlag
- Verlag Barbara Budrich
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-8474-1130-7
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 378
- Schlagwörter
- Society & social sciences, Social services & welfare, criminology, Social welfare & social services, Social work
- Kategorie
- Geisteswissenschaften