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156 Florian Neuburg
Eine gewisse Verunsicherung Roxanes wird darüber deutlich, ob sie sich
überhaupt mit Fug und Recht als Österreicherin bezeichnen darf, bloß weil
sie den Großteil ihres Lebens in diesem Land gelebt habe. Dabei geht es für
Roxane wahrscheinlich weniger um den formalen Akt der Einbürgerung,
sondern allgemeiner um die Frage, ob sie einen anerkannten Platz in der
Gesellschaft finden kann. Welche Staatsbürgerschaft (oder Staatsbürgerschaf-
ten) Roxane formal hat, ist unklar. Es scheint darum zu gehen, dass es eine
angenommene Mehrheitsgesellschaft braucht, welche entscheidet, ob eine
Person zu Österreich gehört oder nicht. Roxane „(...) wollte auch zeigen als
eine in, äh dass ich mich anpassen muss, wenn ich auch in Österreich woh-
ne.“ (NI2: S. 1/Z31). Denn, so sagt sie, „(...) ich bin Ausländerin, aber ich
kann vieles, als- als ihr nicht könnt.“ (NI2: S. 2/Z14) Es ist ein Punkt unter
vielen, an denen deutlich wird, dass Anerkennung bzw. der Mangel an Aner-
kennung für Roxane ein zentrales Thema in ihrem bisherigen Leben darstellt.
Ein Thema, welches sie unter anderem im Verhältnis zu ihren Eltern zu be-
schäftigen scheint:
„Ja. Was soll ich- .. Ja und, also es gab viele Fälle, ich weiß nicht wo ich, bei (mir) ist
jetzt g'rade so viel, ich weiß nicht, wo ich Ihnen, j a . dann hab ich meine Ausbildung
gemacht als Kosmetikerin und Visagistin halt und, also ich hab gleich sieben Diplome
gemacht, weil ich wollte die Leute zeigen, ich kann mehr also, eigentlich meine Eltern
beweisen, ich kann mehr.“ (NI2: S. 2/Z27ff.)
Sie will sich diesbezüglich auch von anderen Menschen nicht-
österreichischer Herkunft absetzen, vor allem von solche der sogenannten
zweiten oder auch dritten Migrationsgeneration, die ihrer Meinung nach zu
wenig tun würden, um sich in Österreich zu integrieren:
„Also die Leute, was hier geboren sind, die haben nicht einmal Hauptschulabschluss,
die haben keine Ausbildung, die können nicht einmal Deutsch. Und ich helfe denen,
und das ist schon ein bissl peinlich. Ich helfe gern, aber es ist für mich, die Leute pas-
sen sich nicht an. Und äh, dann kommt irgendwer zu mir und will mir erklären, äh du
bist so angezogen und du bist das und, das ist .. (-) da rege ich mich immer bissl auf (B
und I lachen)“. (NI2: S. 2/Z15ff.)
Im Kontext der Jugendarbeit hat sie offenbar einen sozialen Raum gefunden,
der ihr Anerkennungserfahrungen ermöglicht: Hier wird sie akzeptiert. Ab-
seits davon berichtet sie, wiederholt Missachtung erlebt zu haben – aufgrund
ihres Abweichens von gesellschaftskonformen Verhaltensweisen für eine
junge Frau oder aufgrund geringer Bildungsabschlüsse. So wird verständlich,
dass Roxane die Verbindungen zur Jugendarbeit nicht kappen möchte.
Roxane scheint auch heute noch in manchen Einrichtungen der Jugendar-
beit den Ruf zu haben, dass sie sich für die Mitarbeit bei Events interessiert
und dafür eine geeignete Ansprechpartnerin sei. Sie berichtet von einer aktu-
ellen Anfrage zur Mitarbeit bei einem Festival. Dies deutet auf ein gewisses
Standing in ihrem Jugendarbeits-Netzwerk hin, und es wird ihr offenbar
signalisiert, dass sie nach wie vor einen Platz in diesem Sozialraum hat. Mehr
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Buch Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit - Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse"
Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Titel
- Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
- Untertitel
- Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Autor
- Hemma Mayrhofer
- Verlag
- Verlag Barbara Budrich
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-8474-1130-7
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 378
- Schlagwörter
- Society & social sciences, Social services & welfare, criminology, Social welfare & social services, Social work
- Kategorie
- Geisteswissenschaften