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Fallstudie zu Outreach-Angebot im ländlichen Raum 211
lungen selbst ins Zentrum. Dies scheint von den anderen Beteiligten akzep-
tiert zu werden, es lässt sich anhand des Beobachtungsprotokolls nicht erken-
nen, inwieweit von den Jugendarbeiterinnen dezente oder humorvolle Impul-
se gesetzt werden, für die Risiken von Mopedrennen zu sensibilisieren bzw.
genderspezifische Rollenstereotype aufzubrechen oder zu irritieren. Eine der
weiblichen Jugendlichen bestätigt die Rollendifferenzen, sie bringt sich zwar
ein, aber in einer die Genderdifferenzen (re-)produzierenden Weise, indem
sie thematisiert, weder an den Mopedrennen teilzunehmen noch ein dafür
adäquates, sprich: ‚frisiertes‘ Moped zu haben. Alle Beteiligten wirken am
„doing gender“ mit, die ländliche Männlichkeit kann sich entfalten, erhält
Raum, Publikum und damit Bestätigung. Die geschilderten Mopedaktivitäten
entsprechen dem klassischen Verhalten männlicher Jugendlicher: riskante
Lebensweise, Grenzen testen und überschreiten, über die Potenz des Mopeds
zum Ausdruck gebrachte Männlichkeit, wenig Aufmerksamkeit gegenüber
möglichen negativen Konsequenzen.
Die Jugendarbeiterinnen zeigen sich in dieser Interaktion als freundlich
interessierte und nicht-normative Resonanzfläche für die Selbstdarstellungen
der männlichen Jugendlichen, sie scheinen jede Art von Irritation oder gar
Widerspruch zu vermeiden. Vermutlich bietet das spezifische Setting auch
schwierige Rahmenbedingungen für genderbezogene Impulse, da sich die
Jugendarbeiterinnen einerseits einer Jugendclique gegenüber sehen, in der die
klassischen Genderrollen eingespielt sein dürften und in der Regel ein gewis-
ser Gruppendruck besteht, diese gegenüber den anderen Jugendlichen auch
zu reproduzieren. Andererseits besteht das Team aus zwei Frauen und hat
dadurch etwas schwierigere Bedingungen, untereinander mit von den Gen-
dernormen abweichendem Verhalten zu spielen, sich also als alternative role
models anzubieten und damit auch akzeptiert zu werden. Auf das riskante
Freizeitverhalten bezogen vermeiden die Jugendarbeiterinnen jede tadelnde
oder belehrende bzw. auch nur besorgte Rolle. Aus dem Beobachtungsproto-
koll lässt sich nicht erschließen, inwieweit dieses Verhalten der Jugendarbei-
terinnen in der Interaktion eine reflektierte Haltung ist oder aus einem unre-
flektierten Bestreben resultiert, bei den Jugendlichen möglichst wenig anzu-
ecken.
Ob in solch einer Situation dezente Irritationsimpulse gesetzt werden
können, welche die Beziehung zu den Jugendlichen nicht nachhaltig beschä-
digen, muss von den JugendarbeiterInnen in der konkreten Situation abgewo-
gen werden – und hängt vermutlich auch von der Persönlichkeit des/der Pro-
fessionellen ab. Die Rollenauslegung der JugendarbeiterInnen beim Outreach
am Jugendspielplatz zeigt sich jedenfalls in dieser Hinsicht durchgehend sehr
zurückhaltend.
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Buch Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit - Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse"
Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Titel
- Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
- Untertitel
- Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Autor
- Hemma Mayrhofer
- Verlag
- Verlag Barbara Budrich
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-8474-1130-7
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 378
- Schlagwörter
- Society & social sciences, Social services & welfare, criminology, Social welfare & social services, Social work
- Kategorie
- Geisteswissenschaften