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82 | Theoretische Voraussetzungen
3.1.4 Fazit: Beschreibung altersbedingter Sprachvariation in Osttirol
Die Definitionen grundlegender Begriffe und Ăśberlegungen zur Positionierung
von Jugendkommunikation im Rahmen der Variationslinguistik werden nun
zusammengefĂĽhrt und in eine Arbeitsdefinition von Jugendsprache(n) transpo-
niert, anhand derer die empirischen Analysen ausgewählter Phänomenbereiche
syntaktischer Variation (vgl. Kapitel 4) durchgefĂĽhrt werden.
Zunächst wird mit Neuland (2008: 6970) Jugendkommunikation als Teil ei-
nes multidimensionalen Variationsspektrums aufgefasst, in dem die Wahl der
Sprachmittel durch verschiedene auĂźersprachliche Faktoren wie soziale Her-
kunft, regionale Zugehörigkeit, Alter, Geschlecht, mediale Einflüsse u.a. beein-
flusst wird, und in dem Elemente der Jugendkommunikation ihrerseits Einfluss
auf andere Bereiche der Sprachvariation, etwa die Standardvarietät, nehmen.
Jugendsprache ist dabei jedoch nicht als Varietät mit relativ distinktiver struk-
tureller Systematik zu fassen – vielmehr steht die Frage der kommunikativen
Ziele, die mit der Wahl alterspräferentieller Sprachmittel verfolgt werden, im
Mittelpunkt.
Die Inadäquatheit des Varietätenkonzepts als Leitschnur der theoretischen
Beschreibung liegt dabei u.a. in der Komplexität der Kategorie ‚Alter’ begrün-
det, die neben der biologischen auch eine chronologische und soziale wie auch
interaktiv-kommunikative Dimension enthält, und damit nicht als grundlegen-
de Invariante für eine Varietätenbestimmung dienen kann. Selbst wenn man
von einer weiter gefassten Varietätendefinition wie bei Berruto (2004) ausgeht,
die kovariierende Varianten im Rahmen eines Kontinuums denkt, ist der Varie-
tätenbegriff für die Beschreibung jugendlichen Sprachgebrauchs nicht ausrei-
chend. Jugendkommunikation ist nämlich je nach Sprechergruppe unterschied-
lich stark geprägt von interaktiv entwickelten Sprachspielereien, Kombination
verschiedener Varietäten, Stile und anderer verbaler oder nonverbaler Codes.
Insgesamt ist der Sprachgebrauch Jugendlicher so heterogen, dass weniger von
Varietäten als vielmehr von gruppenspezifischen Sprachstilen (vgl. Dovalil
2010) – und in Bezug auf mündliche Kommunikation – von gruppenspezifi-
schen Sprechstilen ausgegangen werden muss (vgl. Androutsopoulos 1998: 14).
Mit Blick auf den individuellen Sprecher/die individuelle Sprecherin ist daher
das Vorhandensein mehrerer gruppenspezifischer Sprech- (und Schreib-) Stile
möglich, die Ressourcen aus verschiedenen Bereichen der Sprachvariation,
etwa regionaler Varietäten, Funktionalstile oder auch Fremdsprachen beziehen.
Die sprachliche Vielfalt im Individuum kann mit der Vorstellung einer „inne-
zurĂĽck zum
Buch Jugendkommunikation und Dialekt - Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol"
Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Titel
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Untertitel
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Autor
- Melanie Lenzhofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Abmessungen
- 14.8 x 22.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute