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104 | Theoretische Voraussetzungen
ter im Einzelnen deutlich wird.“ (Ehlich 2006: 19). In der funktionalpragmati-
schen Analyse geht es also darum, die Wechselbeziehungen zwischen den
kommunikativen Erfordernissen der Interaktion und den Prozeduren als
sprachliche Ressourcen für verschiedene Handlungszwecke zu identifizieren.
Auf Bühlers Unterscheidung zwischen Symbol- und Zeigfeld aufbauend149
entwirft Ehlich ein Fünffeldermodell, dem verschiedene Typen sprachlicher
Prozeduren zugeordnet werden können. Bühlers Symbol- und Zeigfeld, dem die
nennenden (Symbolfeld) und die deiktischen Prozeduren (Zeigfeld) zugeordnet
werden können, fügt Ehlich Mal-, Lenk- und Operationsfeld hinzu (vgl. Ehlich
2007c: 9192). Die Realisierung dieser drei weiteren Felder kann in Form von
sprachlichen Einheiten (Einzelwörter, Morpheme, satzförmige Einheiten) von-
statten gehen, aber auch aus para- oder nonverbalen Elementen bestehen. Dem
Malfeld etwa können expressive Prozeduren zugeordnet werden. Mit ihnen
werden Einstellungen des Sprechers in Bezug auf Redeinhalte gegenüber dem
Hörer kommuniziert, allerdings auf paralinguistischer Ebene, etwa durch die
intonatorische Ausgestaltung. Dem Lenkfeld sind expeditive Prozeduren zuzu-
ordnen: Sie greifen direkt in den Handlungskontext ein, wobei ihre kommuni-
kative Ausgestaltung unterschiedlichste Formen annehmen kann. Sowohl di-
rekte Anreden (z.B. Hey!) als auch Interjektionen (Hm?) oder Imperativformen
(Komm her!) können als expeditive Prozeduren beschrieben werden. Operative
Prozeduren (Operatives Feld) dienen der Wissensbe- und -verarbeitung, sie
ermöglichen dem Hörer/der Hörerin „die Prozessierung der sprachlichen Hand-
lungs-elemente von S“ (Ehlich 2007c: 92). Kommunikative Inhalte werden mit-
tels operativer Prozeduren – z.B. Konnektoren, Artikeln, Negationswörtern,
aber auch durch die Wortstellung – zu Sinneinheiten verknüpft.150 Ein sprachli-
ches Element kann dabei – je nach kommunikativem Kontext in der Sprechsitu-
||
149 Bühlers Annahme der kontextuell-situativen Einbettung jeder sprachlichen Äußerung, die
er in seiner Zweifelderlehre erläutert, war für den Fortgang der linguistischen Pragmatik insge-
samt besonders prägend. Bühler trägt damit der Beobachtung Rechnung, dass es neben Aus-
drücken mit Symbolcharakter wie Haus, Lehrer, Ameise auch sprachliche Zeichen gibt, mit
denen der/die Sprechende auf etwas zeigen, hinweisen kann: deiktische Ausdrücke. Die deik-
tischen Ausdrücke werden dem Zeigfeld zugeordnet, dessen Ausgangspunkt die Ich-Jetzt-Hier-
Origo des Subjekts bildet. Das Symbolfeld ist dagegen situationsentbunden – ihm ordnet Büh-
ler die „Nennwörter“ (Bühler 1934/1965: 149) zu: „Die Sprache […] symbolisiert; die Nennwör-
ter sind Gegenstandssymbole. Aber ebenso wie die Farben eines Malers einer Malfläche, so
bedürfen die sprachlichen Symbole eines Umfeldes, in dem sie angeordnet werden. Wir geben
ihm den Namen Symbolfeld der Sprache“ (Bühler 1934/1965: 150151).
150 Welche sprachlichen (verbalen, para-verbalen oder non-verbalen) Elemente letztendlich
diese fünf sprachlichen Felder füllen können, ist von Sprache zu Sprache verschieden. Die
eben genannten Beispiele beziehen sich auf das Deutsche.
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Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Titel
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Untertitel
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Autor
- Melanie Lenzhofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Abmessungen
- 14.8 x 22.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute