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Sprachvariation und gesprochene Sprache | 111
zialität und Reflexivität dialogischer Face-to-Face-Kommunikation basieren,
wird dabei berĂĽcksichtigt. In der Frage nach den Grundeinheiten mĂĽndlicher
Kommunikation wird zunächst vom konversationsanalytischen Konzept des
Turns (Gesprächsbeitrags) ausgegangen. Er wird als fundamentale Einheit im
Gespräch angenommen – anhand welcher Kriterien ein Turn in weitere Einhei-
ten unterteilt werden kann, wird in Kapitel 3.3. näher zu beleuchten sein. Der
aus interaktional-linguistisch orientierten Ansätzen hervorgegangenen Beto-
nung der zentralen Rolle von Projektionen im Rahmen der GestaltschlieĂźung
(vgl. Auer 2010) wird dabei besonderes Augenmerk gelten.
Dass bei der Beschreibung der grammatischen Strukturen im Rahmen der
empirischen Analysen in Kapitel 4 nicht-satzförmige Äußerungen nicht als
defizitär oder weniger relevant für die Kommunikation erachtet werden, stellt
einen Bezugspunkt zu konstruktions-grammatischen Ansätzen dar, die eben-
falls fĂĽr die Abkehr von der Aufteilung in eine Kern- und eine Randgrammatik
plädieren. Der Terminus Konstruktion wird in der Beschreibung der grammati-
schen Phänomene in vorliegender Untersuchung v.a. verwendet, um sich von
der skriptizistisch vorbelasteten Kategorie Satz lösen zu können. Nicht-
satzförmige Äußerungen wie z.B. Diskursmarker oder elliptische Strukturen
werden als interaktiv eigenständige, ganzheitliche Elemente aufgefasst. Diese
grammatiktheoretische Annäherung an die spezifischen Bedingungen mündli-
cher Kommunikation deckt sich im Grunde auch mit dem oben beschriebenen
Konzept der sprachlichen Prozeduren der Funktionalen Pragmatik. Reizvoll ist
der funktional-pragmatische Ansatz auch insofern, als er verbale (und auch
para- bzw. nonverbale) Elemente konsequent als Teil sprachlichen Handelns
betrachtet. Sätze werden als Kombinationen sprachlicher Prozeduren beschrie-
ben und somit nur als eine Möglichkeit sprachlicher Interaktion unter vielen.
Auch – aus normgrammatischer Perspektive – „kleinere“ Elemente wie Dis-
kursmarker, Interjektionen oder Ein-Wort-Äußerungen gelten als eigenständige
Einheiten im sprachlichen Handeln. Mit dem Konzept der Möglichkeit von Feld-
transpositionen wird die Polyfunktionalität sprachlicher Elemente fassbar,
Grammatikalisierungsprozesse können erklärt werden. Auch wenn im Rahmen
der vorliegenden Arbeit keine detaillierten funktional-pragmatischen Analysen
geleistet werden können, so sollte doch gezeigt werden, dass in der Kategorie
der sprachlichen Prozedur als elementares Element verbaler Interaktion daher
ein interessanter Ansatz besteht, der im Rahmen grammatiktheoretischer Aus-
einandersetzungen mit gesprochener Sprache-in-Interaktion noch stärker ak-
zentuiert werden könnte.
Mit der Frage nach den Grundeinheiten gesprochener Sprache geht die Fra-
ge nach der Segmentierung diskursiver Daten und ihrer Annotation und – damit
zurĂĽck zum
Buch Jugendkommunikation und Dialekt - Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol"
Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Titel
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Untertitel
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Autor
- Melanie Lenzhofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Abmessungen
- 14.8 x 22.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute