Seite - 132 - in Jugendkommunikation und Dialekt - Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
Bild der Seite - 132 -
Text der Seite - 132 -
132 | Theoretische Voraussetzungen
mittelbar von der syntaktischen Struktur abhängig. Welche syntaktische Konsti-
tuente den Primärakzent trägt, ist vielmehr von informationsstrukturellen Vo-
raussetzungen182 bestimmt.
Das Kriterium der prosodischen Realisierung spielt also insgesamt v.a. in
der Festlegung der Grenzen der Intonationsphrase als solche eine zentrale Rol-
le, und ist somit auch das vorrangige Kriterium zur Beurteilung der Frage, wel-
che Elemente rund um den Nukleusakzent herum noch zur Intonationsphrase
gehören und welche nicht. Diese turninterne Funktion betont auch Stein, wenn
er „der prosodischen Gestaltung vor allem im lokalen Bereich eine wichtige
Kontextualisierungsfunktion“ (Stein 2003: 350) zuschreibt und die globale Ton-
höhenbewegung als ausschlaggebend dafür ansieht, „ob Äußerungsteile inte-
griert und als Verlängerungen prosodischer Konturen (durch unakzentuierte
Silben) oder als prosodisch eigenständige Einheiten (neue Akzenteinheiten) zu
verstehen sind […]“ (Stein 2003: 350). Diese Differenzierungsfunktion der pro-
sodischen Ausgestaltung einer Äußerung soll in den folgenden zwei Beispielen
verdeutlicht werden: Legt man in Beispiel (12) ein syntaktisches Kriterium als
Maßstab zur Unterteilung in Äußerungseinheiten an, so wären zwei aufeinan-
derfolgende Intonationsphrasen anzunehmen:
Beispiel 12: <<all> woa(t)_amol> WIE haaßt_s; [JD 3, Z. 942]
'Warte mal – wie heißt es.'
In der Äußerung woat amol ('warte mal') bleiben keine syntaktischen Projektio-
nen offen, auch kommunikativ ist sie vollständig und verstehbar. Auffällig ist
jedoch die sehr schnelle Realisierung – in der Transkription wird dies angedeu-
tet durch all für allegro (schnell). In einer detaillierteren Analyse des prosodi-
schen Verlaufs mittels des Phonetik-Werkzeugs PRAAT zeigt sich überdies, dass
dieser Teil der Äußerung des Sprechers Fel keinen eigenen Nukleusakzent ent-
hält:
||
182 Damit ist die zentrale Rolle der intonatorischen Gestaltung in der Markierung informati-
onsstrukturell wichtiger Redeteile gemeint, etwa indem ein Akzent abhängig von seinen dis-
kurskontextuellen Eigenschaften einen (kontrastiven) Fokus signalisieren kann (vgl. z.B.
Musan 2010). Zum Einfluss informationsstruktureller Faktoren auf einige der in den hier vor-
liegenden Korpora ED und JD beobachteten syntaktischen Phänomenbereiche vergleiche man
Kapitel 4.3.
zurück zum
Buch Jugendkommunikation und Dialekt - Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol"
Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Titel
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Untertitel
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Autor
- Melanie Lenzhofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Abmessungen
- 14.8 x 22.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute