Seite - 144 - in Jugendkommunikation und Dialekt - Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
Bild der Seite - 144 -
Text der Seite - 144 -
144 | Theoretische Voraussetzungen
769 jo a BISsl wos;
'Stef: Dann tun wir Zelten auch noch. – Jul: Alkohol. ((lacht)) Ja – ein bisschen was.'
Sprecherin Jul bezieht sich in ihrer Äußerung (<<lächelnd> Alkohol>) nicht auf
den syntaktischen, sondern auf den semantischen und situationellen Kontext
der Kommunikation. Die Sprecherinnen teilen ein gemeinsames Wissen dar-
über, dass bei früher unternommenen Camping-Ausflügen Alkohol getrunken
wurde. Juls Äußerung in Z. 767 ist daher für die Gesprächsteilnehmerinnen
kommunikativ vollständig, auch wenn sie aus grammatischer Perspektive un-
vermittelt und inkohärent wirkt.
Neben auf den sprachlichen (Konstruktionsübernahmen) und außersprach-
lichen Kontext (Eigenkonstruktionen) referierenden kompakten Strukturen
werden in der Fachliteratur auch so genannte Standardisierte Kurzformen197
beschrieben.198 Sie sind ohne Kontextreferenzen paraphrasier- bzw. verstehbar –
es handelt sich dabei um überregional und situations-unabhängig gleicherma-
ßen verständliche Äußerungen wie „[Ich habe] Keine Ahnung.“, „Wie auch
immer [es sein mag].“ oder „Ich weiß [es/davon/Bescheid].“ Bei dieser Untertei-
lung in Konstruktionsübernahmen, Eigenkonstruktionen und konventionali-
sierten Kurzformen handelt es sich freilich nur um ein grobes Raster. Auf die
weiterführende Subtypisierung etwa in Koordinations- und Adjazenzellipsen
sowie Nachträge in der Gruppe der Konstruktionsübernahmen, Personen-, Er-
eignis- und Objekt-Ellipsen unter den Eigenkonstruktionen sowie weitere kon-
textabhängige Ellipsentypen wie phatische Ellipsen, oder textsortenbezogene
Struktur-Ellipsen kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Hier
sei auf die entsprechenden Ausführungen bei Klein (1993), Hoffmann (1997),
Stein (2003), Hennig (2006) oder Baldauf-Quilliatre (2016) sowie auf die tiefer-
gehende Beschreibung in Kapitel 4.4. verwiesen. In Bezug auf die hier zu unter-
suchenden regionalsprachlich geprägten Korpora ED und JD ist jedoch ab-
schließend anzumerken, dass die sich auf standardnahe gesprochene
Kommunikation beziehende Typisierung kompakter Strukturen aus der Fachli-
teratur nicht unbesehen übernommen werden kann. So kommen in den Gesprä-
chen der Südbairisch sprechenden Teilnehmer/-innen etwa besonders häufig
||
197 Um die Assoziation zu vermeiden, dass dieser Typ kompakter Strukturen auf die Stan-
dardvarietät begrenzt sein könnte oder eine besonders hohe Frequenz in standardsprachlicher
Kommunikation nachgewiesen sei, wird im Folgenden statt „standardisierten“ von „konventi-
onalisierten Kurzformen“ die Rede sein.
198 Vgl. auch „Feste Ausdrücke“ bei Klein (1993). Die Bezeichnung „Standardisierte Kurz-
form“ geht auf Rath (1979: 150151) zurück.
zurück zum
Buch Jugendkommunikation und Dialekt - Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol"
Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Titel
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Untertitel
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Autor
- Melanie Lenzhofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Abmessungen
- 14.8 x 22.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute