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284 | Empirische Analysen
den Osttiroler Freundesgesprächen mit nur zwei von 62 Belegen in der Erwach-
senen- und 15 von 95 Belegen in der Jugend-kommunikation relativ selten vor.
Insgesamt zeichnen sich aber deutliche Unterschiede zwischen den beiden
Osttiroler Teilkorpora ab:353 Es ist nicht nur der Gebrauch des würde-Konjunktivs
bei den Jugendlichen relativ zur Gesamtzahl der Konjunktiv-II-Konstruktionen
etwas stärker ausgeprägt (rund 16% in Teilkorpus JD, nur 3% in Teilkorpus ED),
auch der analytisch gebildete Konjunktiv II mit tat- + Infinitiv (vgl. Bspe. 194
und 195) ist in der Osttiroler Jugendkommunikation deutlich häufiger belegt als
in den Gesprächen der Erwachsenen.354 Mit einer relativen Häufigkeit von fast
39% stellt die Konjunktivbildung mittels tun-Periphrase den häufigsten Beleg-
typ in Teilkorpus JD dar.
Beispiel 194: tasch du hetz wirklich do no_amol OAbeiten und AUsafoahn und EIne und so-
[ED 1, Z. 1679]
ʹTätest du jetzt wirklich da noch einmal arbeiten und hinausfahren und hinein und so-ʹ
Beispiel 195: jo bei da lady gaga wa tat i woll ONkemmen. [JD 17, Z. 7]
ʹJa, bei der Lady Gaga täte ich schon ankommen.ʹ
Die zweithäufigste Gruppe bilden Belege für die Variante 2 mit Infix -at: 36 von
95 Belegen (rund 38%) der Konjunktiv-II-Äußerungen in Teilkorpus JD sind
diesem Belegtyp zuzuordnen. In den Gesprächen der erwachsenen Osttiroler/-
innen wird diese Variante noch häufiger verwendet. Mit rund 63% stellt die
dialektale synthetisch gebildete Variante mit Infix -at (vgl. Bspe. 196 und 197)
die in Teilkorpus ED am häufigsten belegte Variante dar.355
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353 Die beobachteten Frequenzunterschiede zwischen Teilkorpus JD und Teilkorpus ED sind
statistisch signifikant: χ2=10,342 (mit Yates-Korrektur; Signifikanzniveau P=0,016, df=3).
354 Die höheren absoluten Belegzahlen für tat- + Infinitiv in den Teilkorpora JD und ED in der
Auswertung der Konjunktivbildung im Vergleich zur weiter oben durchgeführten Auswertung
der tun-Periphrasen erklärt sich dabei durch den Umstand, dass in erstere auch Belege kom-
pakter Strukturen oder Anakoluthe mit tun-Periphrasen im Konjunktiv II Eingang gefunden
haben, sofern finites Auxiliar tat- und infinite Verbform realisiert waren. Die allgemeine Fre-
quenzanalyse der tun-Periphrasen (im Indikativ und Konjunktiv II) orientiert sich dagegen an
der Grundgesamtheit der kanonisch geschriebensprachlichen Sätze (KS) bzw. möglichen Sätze
(MS), weshalb betreffende Belege kompakter Strukturen oder Anakoluthe nicht in die Auswer-
tung aufgenommen werden konnten.
355 Die starke Verbreitung dieser dialektalen Variante mit Infix -at scheint sich auch in ge-
schriebenen Texten Jugendlicher in Österreich bemerkbar zu machen. Dies zeigt Glantschnig
(2011) anhand einer Analyse von Schülertexten steirischer Mittelbairisch-Sprecher/-innen, die
Belege für dialektal beeinflusste Normab-weichungen in der Konjunktivbildung zeigen (z.B. sie
mächten statt sie möchten, beeinflusst von bair. sie mechatn).
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Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Titel
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Untertitel
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Autor
- Melanie Lenzhofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Abmessungen
- 14.8 x 22.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute