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400 | Empirische Analysen
Beispiel 354: JD 8, Z. 475-477: âWecker lĂ€utetâ
475 LiPa: (-) i hon grod so schian GSCHLOFen-
476 â und i so OLter schwede-
477 (---) moah und des isch SO friah-
'Ich habe gerade so schön geschlafen. Und ich so: âAlter Schwede. Moah, und es ist so frĂŒh-"'
Neben diesen Quotativkonstruktionen mit Personalpronomen und so treten
aber ebenso Redewiedergaben, die durch eine Konstruktion mit Verbum dicendi
eingeleitet werden, hÀufig auf:
Beispiel 355: JD 8, Z. 971-975: âVerdorbene Eierâ
971 LiMe: â (--) hon i gsog (.) frau lehrerin de sein schon
Ogloffen;
972 de tĂŒa i do non NIT ihen ge,
973 â non sog sie (-) jo_jo des isch lei GLEICH;
974 (---) de will ins olle verGIFten <<lachend>
oder wos>-
975 LiPa: ((lacht))
'[Da] habe ich gesagt: âFrau Lehrerin, die sind schon abgelaufen. Die gebe ich dann nicht mit
hinein, gell? Dann sagt sie: âJa, ja, das macht ja nichts.â Die will uns alle vergiften oder was.'
Kennzeichnend fĂŒr Passagen zitierter Rede, egal, ob mit oder ohne finitem Ver-
bum dicendi, ist das Transportieren von Emotionen der zitierten Figur und der
Einstellungen des ErzĂ€hlers/der ErzĂ€hlerin sowie â je nach prosodischer Ausge-
staltung â eine âEvokation sozialer und situativer Typenâ (Kotthoff 2008: 22).
Den ErzĂ€hler/-innen geht es nicht ausschlieĂlich um eine Wort-fĂŒr-Wort-
Wiedergabe der (eigenen oder fremden) ĂuĂerungen, vielmehr wird szenische
Performanz hergestellt (vgl. Mertzlufft 2013: 3) und Erlebtes (re-) inszeniert (vgl.
Kotthoff 2008: 3).477 Die Stimme der zitierten Figur und jene des ErzÀhlers/der
ErzĂ€hlerin ĂŒberlagern einander â ein Aspekt, der in der Gesprochene-Sprache-
Forschung durch den literaturwissenschaftlich geprÀgten Begriff der Polyphonie
||
477 ErzÀhlen als (Re-)Inszenierung von Erlebtem steht somit in einem gewissen Gegensatz zur
kommunikativen Gattung Bericht, der viel stÀrker auf eine sachbezogene, möglichst objektive
Rekonstruktion eines vergangenen Erlebnisses abzielt. Zur besseren Abgrenzung schlÀgt
Quasthoff (1979) den Begriff des replaying vor: âWĂ€hrend der Sprecher also in einem Bericht
mit einer gewissen Distanz ĂŒber das Ich des Agenten spricht, exponiert das Ich des ErzĂ€hlers das
Ich des Agenten im âreplayingâ [âŠ] der ErzĂ€hlungâ (Quasthoff 1979: 116; Hervorhebung im Origi-
nal).
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Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Titel
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Untertitel
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Autor
- Melanie Lenzhofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Abmessungen
- 14.8 x 22.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute