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Ziel eines Nachahmens fremder oder fiktiver Stimmen („mimickry“, vgl. Ander-
sen/Stenström/Hasund 2002: 111) hervorgehoben. Denn anstatt einer (mehr
oder weniger) vollständigen verbalen Kennzeichnung der Wiedergabe von
fremder oder eigener, realer oder fiktiver Rede kann diese auch durch paraver-
bale Mittel markiert werden, und zwar in Form einer prosodischen Modulation
(z.B. durch einen Tonhöhensprung und das Fortführen der Äußerung in einer
anderen Tonlage bzw. Stimmqualität) oder den Wechsel in eine andere Sprach-
varietät (z.B. die Standardvarietät). Diese „Redewiedergabe mit markierter
Stimme“ wird u.a. von Janet Spreckels (2006: 389) in ihrer Untersuchung einer
Kleingruppe von vier weiblichen Jugendlichen, sowie von Anna-Katharina Ba-
radaranossadat (2011: 60) in einer Dissertation zu Erscheinungsweisen von
Jugendsprache im Deutschunterricht als charakteristisch für den Sprachge-
brauch Jugendlicher beschrieben. Baradaranossadat beschreibt v.a. in Bezug
auf die zwei Handlungsmuster Klatsch und Lästern die prosodisch unterstütze
Redewiedergabe als charakteristisch für die Kommunikation unter Jugendli-
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Die Identität der Person, über die getratscht wird, kann beim Klatschen
über eine/n gemeinsame/n Bekannte/n oder Freund/in u.a. durch prosodische
Kennzeichen (z.B.: Stimmlage) der Person vergegenwärtigt werden, Wiedergabe
von Äußerungen des Klatsch-Objekts können Inhalt des Tratschs sein und wie-
derum durch prosodische Mittel als Zitat gekennzeichnet werden. Gegebenen-
falls werden darüber hinaus auch eigene Einstellungen des Zitierenden gegen-
über der zitierten Rede anhand prosodischer Mittel transportiert – etwa, wenn
das Zitat als unglaubwürdig, übertrieben, kindisch etc. gekennzeichnet werden
soll (vgl. Baradaranossadat 2011: 59). Besonders häufig in der Kommunikation
Jugendlicher ist laut Baradaranossadat auch das Lästern über gemeinsame
Bekannte, Freunde oder Mitschüler/-innen. Ähnlich wie beim Handlungsmuster
des Tratschens besteht das Ziel des Lästerns u.a. in der „Selbstprofilierung
durch das gekonnte Imitieren oder Zitieren anderer Mitschüler“ (Baradaranos-
sadat 2011: 64), es werden „[i]m Gegensatz zum Klatschen [aber] keine Neuig-
keiten thematisiert, sondern es wird auf Begebenheiten und Verhaltensweisen
rekurriert, die allen Gesprächsteilnehmern bereits bekannt sind.“ (65). Um die
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493 Neben dem Klatschen und Lästern wurden von Seiten der Jugendsprachforschung bisher
v.a. das Frotzeln und das Dissen als charakteristische Handlungsmuster in Jugend-
Kommunikation beschrieben. Weiterführende Informationen zum Frotzeln finden sich z.B. in
Günthner (1996; 1999), zum kommunikativen Muster des Dissens vgl. z.B. Depper-
mann/Schmidt (2001). Mit dem Lästern unter Schüler/-innen beschäftigen sich u.a. Mar-
tin/Schubert/Watzlawik (2003), das Lästern als kommunikative Gattung beschreibt Schubert
(2009).
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Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Titel
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Untertitel
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Autor
- Melanie Lenzhofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Abmessungen
- 14.8 x 22.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute