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außerordentlich an. / Nach Angabe des Hrn Kreisarztes D.r v. Palnby sind
aller- / ley Wechselfieber endemisch, im Sommer Ruhren epide- / misch. Es
besteht in Pisino nur ein kleines Versorgungs- / haus in einem schlechten
Lokale; die Pfründenbeträge / sind 6-10 kr. täglich. Die Einwohner haben
große Ab- / neigung gegen Krankenhäuser, dafür großes Zu- / trauen zu den
Geistlichen, zu welchen sie auch in / Krankheiten Zuflucht nehmen. Darum
lässt sich auch / Hoffnung nähren, dass durch die jetzt eintretende / gebildete
Geistlichkeit, und durch die aus den Referen- / ten bey Länderstellen
gewählten Bischöfe, welche die / Gesetze, u den Geschäftsgang kennen, für
die Bildung / und Industrie im Kreise viel werde geleistet werden. / Zu
Pisino ist eine Normal-Schule; u man wünscht auch / ein Gymnasium, zu
dessen Errichtung die Stadt ein / Gebäude zur Verfügung überlassen wollte.
Bey Portole ist eine warme Schwefelquelle; sie wird aber von / dem
Eigenthümer weder selbst zum Gebrauche der Patienten / gehörig besorgt,
noch für diesen Zweck verpachtet. – Am 4.t //
5.
Am 4.t Juny gieng die Reise über Coroiba, Montona / und Portole, u wir
kamen erst um 4 Uhr Nachmittag in Capo d’Istria / an. Die Gegend ist sehr
gebirgig, bey Montona und / Portole gibt es sehr hohe Berge; außer dem daß
bey- / de auf den Gipfeln solcher Berge stehen, ist zwischen bey- / den ein
Berg, über welchen die Straße in mehreren sanft / steigenden Windungen
eine volle Stunde aufwärts / geht. Vor und zum Theile neben und an
demselben ist / ein (sogenannter) Eichenwald, der einzige welchen ich in /
Istrien sah, dem Aerario gehörig, welcher Materiale / zum Schiffbaue liefert.
Bis Portole ist die Gegend / noch kultivirt, von da aber wüste, sie biethet
nämlich / viele theils kahle Felsenberge, theils nur dürftig mit Gras /
bedeckte Anhöhen dar, welche gleichsam als Spuren ge- / waltiger
Zerstörungen durch Wasser und Feuer einen / sehr traurigen
niederschlagenden Anblick in großer / Ausdehnung gewähren.
Capo d’Istria ist gegenwärtig die hübscheste / Stadt von Istrien, sie liegt
auf einer dem Meere / gleichsam abgewonnenen Halbinsel, hat einige Plä- /
tze, geräumige breite, regelmäßige, u gut gepfla- / sterte Straßen, mit zwar
alt aussehenden, die Ober- / herrschaft der Republik Venedig verrathenden,
jedoch / reinlichen Häusern, und selbst einigen schönen Pallä- / sten. Das
städtische Kranken- u Versorgungshaus für / 70-80 Individuen, am Meere
gelegen in der Nähe / des großen Haavens, ist geräumig, licht, und reinlich
ge- / halten. Für den Unterhalt, Arzneyen u.s.w. eines In- /dividuums
Des Kaisers Leibarzt auf Reisen
Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832