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Zweck bestimmt wor- / den ist, besonders da Besserung der dortigen
Sträflinge / aus mißverstandener, übertriebener Humanität, zufol- //
ge mehrseitiger Versicherung, nicht erzielt werden, u / viele kaum entlassene
Sträflinge bald neuer Ver- / gehen wegen wieder dahin verurtheilt werden
sollen. / Ein Trakt des Gebäudes mit 60 Betten ist derzeit zur / Aufnahme
von Cholerakranken eingerichtet, von dem / übrigen abgeschlossen; ein nicht
unbedeutender Theil / ist nach einer großen Feuersbrunst nicht wieder her- /
gestellt worden, leidet daher von den Unbilden der / Zeit und der Witterung
immer mehr und mehr. /
Am 23t. July kamen wir, bey dem Festungsthurme / Nro 1. vorüber
(welchen ich im Inneren und von außen ge- / nau besichtiget habe) über
Enns, Stremberg [wohl Strengberg] und Am- / stätten um 2 ½ Uhr in
Persenbeug an. Der ganze / Weg, von Enns bis Amstätten gebirgig, ist nach
allen / Seiten hin so schön und theils von Natur theils durch / Kultur so
fruchtbar, daß diese Gegenden gut kultivir- / ten Obst- und Getreide-Gärten
gleichen. Ihr Reitz / wurde durch die herrliche Witterung ungemein er- /
höhet. In Persenbeug, nachdem ich das ¼ Stunde Weges / oberhalb des kais.
Schloßes am näml (linken) Ufer / der Donau gelegene Versorgungshaus –
einer schmu- / t[z]igen und ganz verwahrlosten Bauernhütte gleich – / mit 4
männl und ebenso vielen weiblichen Pfründ- / nern besucht hatte, war ich am
24. 25. u 26. July blos / auf zeitweise Spatziergänge im kaiserl. Garten, auf /
den Feldern oberhalb desselben, und durch den Markt auf / der Kremser
Straße beschränkt, weil es fast ununter- / brochen regnete, und dabey
empfindlich kühl u windig war. / Erst spät am letztgenannten Tage hörte der
Regen auf, //
und fieng der Himmel an zu unserer für den folgenden / Tag bestimmten,
heiß ersehnten Heimkehr freundlich zu / lächeln. /
Am 27. Jul. endlich reisten wir zuerst auf der Donau / bis Sarling, dann
über Melk, St. Pölten, Perschling, / wo Ihre M. M. Mittagsmahl hielten, ich
aber nur ¼ Stun- / de verweilte, um Suppe und eine Eyerspeise zu genie- /
ßen, Sieghardskirchen und Purkersdorf nach Schönbrunn, / wo ich um 4 ½
Uhr, dem Himmel sey es gedankt, gesund / ankam, und das Glück genoß,
meine geliebte Familie / gesund und heiter wieder zu sehen. /
Des Kaisers Leibarzt auf Reisen
Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832