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falsch, aber auch nicht ganz richtig; Raimann kam es mehr auf die Kälte,
denn auf die Waschung an: „Die Anwendungsweise der Kälte ist verschie-
den, und ihre Einwirkung geschieht entweder bloß durch kühle Zimmerluft,
ganz leichte Bedeckung des Kranken, und frisches Wasser zum Getränke;
oder zugleich durch kalte Umschläge über den Kopf; oder durch kalte Wa-
schungen einzelner Theile, besonders des Kopfes und der Gliedmaßen, oder
des ganzen Körpers, die auch Hildenbrand empfahl; oder durch Reibungen
mit Eis, Schnee, oder durch kalte Uebergießungen.“16 Raimanns Kuren ge-
gen den Typhus umfassten also ein vielfältiges Repertoire an Maßnahmen,
von denen die kalten Waschungen nur eine darstellten. Die richtige Therapie
von Krankheiten aber war, so wusste Raimann, nicht die einzige der den
Direktor des Allgemeinen Krankenhauses drückenden Aufgaben. Auch die
Verwaltung des Krankenhauses musste funktionieren, vor allem dann, wenn
für Typhus- und sonstige Kranke genügend Kälte zur Verfügung stehen soll-
te. „Streng hielt Raimann darauf, dass die Temperatur der Krankenzimmer
nach dem Thermometer geregelt wurde.“ Und auch für die genannten Wa-
schungen, wenn sie sich denn als notwendig erwiesen, musste die benötigte
Infrastruktur geschaffen werden: „Auf seinen Antrag wurde ferner ein neues
Bad im Krankenhause erbaut, dessen Kosten sich auf 60.000 fl. beliefen.“17
Dringend notwendig war die Regelung der rechtlichen und finanziellen
Grundlagen des Allgemeinen Krankenhauses: „Unter Raimann’s Direction
wurden die Vermögensverhältnisse der drei vereinigten Anstalten, nämlich
des eigentlichen Krankenhauses, des Gebärinstituts und der Irrenabtheilung,
geordnet, ihre Eigenthumsrechte festgestellt und die ihnen zukommenden
Localitäten bestimmt.“18 Weiters wurde die Besoldung der Primarärzte er-
höht; nun bekam der dienstälteste Primararzt 1500, die beiden nachfolgen-
den 1300 fl. jährlich ausbezahlt. Etwas bescheidener war der Lohn der Pri-
marchirurgen, von welchen die beiden dienstältesten je 1200, und die beiden
jüngsten 1000 fl. im Jahr erhielten.19 Mit diesen finanziellen, eigentums- und
dienstrechtlichen Reformen sollte die medizinische Versorgung der Wiener
16 Raimann, Handbuch, Bd. 2, S. 54f.
17 Puschmann, Die Medicin in Wien, S. 141.
18 Puschmann, Die Medicin in Wien, S. 141.
19 Vgl. Puschmann, Die Medicin in Wien, S. 141. Das Gehalt eines Primararztes war also
durchaus stattlich, verglichen mit den 464 Gulden, die J. Pezzls Schätzung zufolge ein
lediger Bürger jährlich benötigte, um leidlich komfortabel seinen Lebensunterhalt zu
bestreiten. Vgl. hierzu, mit weiteren Literaturangaben: Peter Hall, Cities in Civilization.
Culture, Innovation, and Urban Order (London 1999), S. 173.
Des Kaisers Leibarzt auf Reisen
Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832