Seite - 89 - in Des Kaisers Leibarzt auf Reisen - Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832

89 aber von den damit einhergehenden sozialen und politischen Veränderungen wollte man nichts wissen. „Die konservative Regierung Kaiser Franz II. (I.) stand alledem daher auch höchst skeptisch gegenüber und versuchte, durch Briefzensur und Mobilitätseinschränkungen einer Dynamik Herr zu werden, die nichts anderes als die ungeplante und ungeahnte Konsequenz von Ent- wicklungen gewesen ist, die der Zentralstaat zum guten Teil selbst ins Leben gerufen hatte.“56 Die genannten Mobilitätseinschränkungen, die seinen Un- tertanen das Reisen schwer machten, brauchte der Kaiser freilich nicht zu fürchten – auch die strengsten Charaktere legen an eigenes Tun und Treiben manchmal nicht dieselben strengen Maßstäbe an, wie an fremdes Denken und Handeln. Und so konnten sich der Kaiser und sein Leibarzt auf den Weg machen, ohne befürchten zu müssen, schon bei der nächsten Polizeistation umstürzlerischer Absichten verdächtigt und auf unabsehbare Zeit festgehal- ten zu werden. Aber was heißt hier: der Kaiser und sein Leibarzt! Selten reist ein Kaiser mit so kleinem Gefolge, und auch diese kaiserliche Reise kam mit einem Leib- arzt als Reisebegleiter allein nicht aus. Das k. k. Oberst-Stallmeisteramt ver- anlasste den Druck einer „Postreise-Wagen-Liste“, in welcher die Kutschen und Pferde und, minder exakt, die mitreisenden Personen aufgezählt werden, die für die Reise mit dem Kaiser benötigt wurden. Diese Liste blieb glückli- cherweise zusammen mit Raimanns Bericht erhalten und soll hier wiederge- geben werden, um den nicht unbeträchtlichen Aufwand, den die Reise verur- sachte, zu illustrieren: müller verfasstes Kapitel über die Staatsmythen des Habsburgischen Österreich („Öster- reich: ‚An Ehren und an Siegen reich‘“), S. 269-294. 56 Helmedach, Das Verkehrssystem als Modernisierungsfaktor, S. 490.