Seite - 99 - in Des Kaisers Leibarzt auf Reisen - Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832
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gebracht.“73 Diesmal war dem Kaiser Franz tatsächlich ein dauerndes Ehe-
glück beschieden, und die um vierundzwanzig Jahre jüngere Karoline sollte
ihren Gatten um beinahe achtunddreißig Jahre überleben. Im Jahr 1832 be-
gleitete die Kaiserin Karoline ihren Gemahl auf jener Reise, an der auch der
52 Jahre alte Raimann als Leibarzt des Kaisers teilnahm.
Franz I. sollte nach Beendigung dieser Reise im Juli 1832 keine drei Jahre
mehr leben; am 2. März 1835 hauchte er in Wien sein Leben aus. Franz wird
von seinen Biographen als ein sehr konservativer, praktisch orientierter,
tiefgehender philosophischer Kontemplation eher abgeneigter Mann be-
schrieben, der, anders als sein Onkel Joseph II., für aufklärerische Visionen
kaum zu begeistern war, „Dem kühnen Gedankenfluge seines kaiserlichen
Ohms vermochte F[ranz] allerdings nicht zu folgen. Unterstützt durch ein in
der That bewundernswerthes Gedächtniß eignete er sich aber ganz stattliche
Kenntnisse in einzelnen Unterrichtsfächern an.“74 Nun denn, mit diesen
„ganz stattlichen Kenntnissen in einzelnen Unterrichtsfächern“ machte sich
Franz I., dessen „vorwiegend auf das Exacte, Practische gerichteter Sinn“
sich durch „schale Theorien“ nicht täuschen ließ, daran, seine Länder zum
Wohle seiner Untertanen zu regieren, wobei er aufs Energischste die Einheit
seiner vielen unterschiedlichen Territorien zu wahren trachtete. Nationalisti-
sche Bestrebungen waren ihm ebenso ein Gräuel wie liberale und demokrati-
sche Tendenzen. Seiner „durch und durch conservativen, sorgfältig auf Er-
haltung des Bestehenden bedachten Natur“ gemäß, bestand der „kaiserliche
Autokrat“ Franz I. auf der Aufrechterhaltung absolutistischer Herrschafts-
formen; er „brachte in der That den nach Entwicklung freiheitlicher Institu-
tionen drängenden Bestrebungen gar kein Verständniß entgegen und er ver-
wechselte nur zu gerne Staatskunst mit polizeilicher Bevormundung.“75
Dennoch veranlasste Franz I. auch zahlreiche Neuerungen, die der Steige-
rung der Effizienz der Regierung und damit der Expansion der Staatlichkeit
dienten und zweifellos in die Zukunft wiesen. Von dem Ausbau der Ver-
kehrswege war bereits die Rede; ebenso setzte er sich für den Bau von Kran-
kenhäusern ein, erweiterte die Wiener Universität und erhob mehrere Ly-
zeen, jene in Innsbruck und in Graz etwa, zu Universitäten. Bei seinen Un-
tertanen war der volkstümliche und sich bürgerlich gebende Franz I. ohnehin
sehr beliebt: „Wie kaum ein anderer Monarch hatte er es verstanden, sich die
73 Hartmann, Schnith, Die Kaiser, S. 678.
74 ADB, Bd. 7, s.v. Franz I. (Josef Karl), S. 285.
75 ADB, Bd. 7, s.v. Franz I. (Josef Karl), S. 289.
Des Kaisers Leibarzt auf Reisen
Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832