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die zahlreichen Tropfsteingebilde so recht grässlich und schauerlich wirkten.
Das tosende Wasser am tiefen Grund der Höhle, die steten Tropfgeräusche,
die „schaudervollen Abgründe“, die bereits im ersten Zitat genannten „u-
nermeßlichen Höhen, unabsehbaren Tiefen und dunklen Grüfte“ und die
vielen Kammern und Säle mit ihren Tropfsteinfiguren, die einer empfindsa-
men Phantasie wie „Drachen-, Schlangen-, Löwen- und Tigerköpfe“ vor-
kommen mochten – das alles mag die Besucher in eine unheimliche Furcht
versetzt haben. Und die Furcht und das unheimliche Gefühl, das die Besu-
cher der Adelsberger Grotte ergriff, scheinen mit Abnahme der Jahreszahlen
immer größer zu werden. Im 17. Jahrhundert etwa besuchte Johann Wei-
chard Valvasor, weit gereister Spross eines italienischen Adelsgeschlechts
und geachteter Polyhistor und Topograph, die Höhle, und er legte seine Ein-
drücke in seiner 1689 erschienenen „Ehre dess Hertzogthums Crain“ nieder,
einer eminent wichtigen Quelle zur Geschichte, Ethnographie und Geogra-
phie seiner Krainer Heimat. Im ersten Band (IV. Buch, Kapitel VIII) der
„Ehre dess Hertzogthums Crain“ erzählt er von seinen Forschungsexpeditio-
nen in die Adelsberger Grotte, von der er feststellte, sie „sey in Crain die
allergrösseste und weitläuffigste, dabey aber auch woll allerfurchtsamste.“
Furchtsam sei sie wegen ihrer unermesslichen Größe, „hat sie doch ihr Ende
noch Keinem bißhero weisen wollen.“124 Valvasor gibt an, dass niemand vor
ihm so weit wie er, nämlich „zwo gute Meil Wegs bey Lichtern und Wind-
Lichtern“ weit, in die Höhle vorgedrungen sei, und er erzählt von einem in
der Adelsberger Grotte beginnenden unterirdischen Gang, „welcher Einen
bey der Grotten von Klein-Häusel heraus führe“; zwar könne er die Existenz
dieses Ganges nicht bestätigen, unwahrscheinlich sei sie aber nicht, „weilen
Alles hin und wieder voller Löcher ist“. Schon die Größe und Verzweigtheit
der Adelsberger Grotte ist also Furcht erweckend; besonders beängstigend,
so Valvasor, seien die gräulichen Fratzen, die dem Besucher aus den Tropf-
steinformationen entgegenstarren:
„Furchtsam aber ist sie deßwegen, weil sie überall in viel Gänge und Hölen
sich theilet, auch viel mächtig-geraume Plätze und an manchen Orten ab-
schössige Oerter darinn angetroffen werden, welche sich über die Masse tief
hinab stürtzen, also daß man einen hinunter geworffenen Stein kaum nach ein
124 Johann Weichard Valvasor, Die Ehre dess Hertzogthums Crain, Das ist Wahre, gründ-
liche, und recht eigendliche Gelegen- und Beschaffenheit dieses, in manchen alten und
neuen Geschicht-Büchern zwar rühmlich berührten, doch bishero nie annoch recht be-
schriebenen Römisch-Keyserlichen herrlichen Erblandes, 4 Bde. (Laibach 1689), Bd. 1,
S. 531.
Des Kaisers Leibarzt auf Reisen
Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832