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Des Kaisers Leibarzt auf Reisen - Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832
Seite - 136 -
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136 Menschen, die ja grundsätzlich allesamt als vernunftbegabt und damit als erziehbar galten, formen und verbessern könne, dass also kein Mensch ganz verloren sei, da ja irgendwo in seinem Innersten das wenn auch noch so kümmerlich dahinglimmende Feuer der Vernunft verborgen sei und er, wenn er nur wolle, immer noch den Weg zum Besseren einschlagen könne.152 Im späteren Verlauf des 19. Jahrhunderts sollte sich dieses Menschenbild wan- deln; v.a. unter dem Einfluss darwinistischer Denkströmungen gewann die Auffassung an Boden, dass der Mensch biologisch und moralisch determi- niert sei und dass Deviante und sogenannte Degenerierte daher auch nicht gebessert werden könnten. Und so schwand die Vorstellung, man könne Menschen zu einer Höherentwicklung führen; sie wurde ersetzt durch Be- strebungen, die in die Gesellschaft nicht ohne weiteres Einordenbaren aus- zumerzen, da die Gesellschaft vor ihnen nicht anders geschützt werden kön- ne. Derlei sozialdarwinistisch motivierte Ängste vor angeblich drohender Degeneration und ‚Entartung‘ der Gesellschaft sollten dann im 20. Jahrhun- dert und vor allem in der Zeit des Nationalsozialismus zu furchtbaren und fatalen Konsequenzen führen153 – Raimann und seine Zeit aber waren davon doch noch recht weit entfernt. Raimann gab aber nicht allein der Trunksucht und der Trägheit, also der moralischen Unvollkommenheit der Menschen, die Schuld an dem von ihm beobachteten kulturellen und auch demographischen Tiefstand der Bevölke- rung von Parenzo, dessen Einwohnerzahl er mit 2500 angibt. Auch der Staat mit seinen ‚Veredelungsmaßnahmen‘ trug – in Raimanns Augen wohl ein Paradoxon – dazu bei, dass Parenzo nicht in höherer Blüte stand, da ein Teil der männlichen Bevölkerung „im Seedienste“ abwesend war. Und die Natur höchstselbst leistete ebenfalls ihren Beitrag zur kulturellen Stagnation, „weil endemische bösartige Wechsel- und andere Fieber jährlich Viele hinweg raffen“. (Hrsg.), Menschenrechte und Menschenbilder von der Antike bis zur Gegenwart (Ham- burg 2006); Charles Taylor, Quellen des Selbst. Die Entstehung der neuzeitlichen Identi- tät (Frankfurt/Main 1996). 152 Zur aktuellen Diskussion über die Vernünftigkeit des Menschen vgl. Heinrich Schmi- dinger, Clemens Sedmak (Hrsg.), Der Mensch – ein „animal rationale“? Vernunft – Kognition – Intelligenz (Darmstadt 2004). 153 Die Literatur hierzu ist Legion; da diese Thematik Raimanns Reisebericht nur ganz leicht am Rande berührt, sei lediglich ein Werk genannt, das einen plastischen Überblick bietet: Thomas Etzemüller, Ein ewig währender Untergang. Der apokalyptische Bevölke- rungsdiskurs im 20. Jahrhundert (Bielefeld 2007).
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Des Kaisers Leibarzt auf Reisen Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832
Titel
Des Kaisers Leibarzt auf Reisen
Untertitel
Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832
Autor
Christian Bachhiesl
Verlag
LIT VERLAG
Ort
Wien
Datum
2008
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7000-0843-9
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
242
Kategorie
Medizin
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