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Schon weiter oben haben wir von den Wechselfiebern gehört, und sie wer-
den uns auch bei der weiteren Lektüre von Raimanns Reisebericht begleiten.
Was aber verstand Raimann unter diesen Wechselfiebern? Zunächst zu sei-
nem Begriff von Fiebern im Allgemeinen: „Die Benennung Fieber (vom
lateinischen febris, und dieses vom veralteten Worte februo, ich reinige, oder
von ferbeo oder ferveo, ich bin heiß) wird einer sehr großen Familie von
Krankheiten beygelegt, bey welcher Hitze als ein wesentliches und hervor-
stechendes Symptom vorkömmt. Daher auch die Benennung pyrexia vom
griechischen Worte pur, Feuer.“154 Die Hitze also macht das Fieber, und
Raimann sah es als gewiss an, dass die Fieber „die zahlreichsten und ge-
meinsten Leiden sind, welche kein Geschlecht, kein Alter, keine Körperbe-
schaffenheit, kein Temperament verschonen, und unmittelbar oder mittelbar
einen sehr großen Theil des menschlichen Geschlechtes dem Grabe überlie-
fern.“ Andererseits könnten Fieber auch eine heilsame Wirkung ausüben,
seien doch „nicht selten Krankheiten, die aller Kunstbemühung widerstan-
den, durch Fieber gehoben worden.“155 Fieber ist eine Erkrankung, die wohl
jeder Mensch kennenlernt und die auch leicht diagnostiziert werden kann: Ist
die Temperatur deutlich erhöht, so hat man Fieber. Jedoch, was nun eigent-
lich das „Wesen“ des Fiebers sei, dies festzustellen fiel Raimann schwer:
„So leicht es gewöhnlich ist, die Gegenwart eines Fiebers zu erkennen, und es
von bloßer Blutwallung zu unterscheiden; so schwer fanden es von jeher die
geachtetsten Denker, zu bestimmen, was Fieber sey? Ungeachtet der zum
Theile sehr scharfsinnigen Versuche mehrerer in der Theorie und Kunstübung
gleich berühmten Männer […] ist diese Frage noch unerörtert geblieben. In
der That werden zu den Fiebern nicht nur verschiedene Krankheitsgattungen,
sondern sogar verschiedene Krankheitsarten gezogen; auch ist die Verschie-
denheit der Ursachen und die Mannigfaltigkeit der Symptome derselben so
groß, und das Wesen des Fiebers so verborgen, daß S. G. Vogel und P. Frank
mit Recht an der Aufstellung einer logischen Definition vom Fieber gezwei-
felt haben. Und doch ist es, wenn die Behandlung der so häufigen Fieber-
krankheiten gründlich eingeleitet und durchgeführt werden soll, von der
höchsten Wichtigkeit, zur Einsicht in die Natur des Fiebers so weit als mög-
lich vorzudringen.“156
Die Krankheitsbezeichnung Fieber umfasst demnach verschiedene Krank-
heitsarten, die von verschiedenen Ursachen hervorgerufen werden und ver-
154 Raimann, Handbuch, Bd. 1, S. 17.
155 Raimann, Handbuch, Bd. 1, S. 17.
156 Raimann, Handbuch, Bd. 1, S. 18f.
Des Kaisers Leibarzt auf Reisen
Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832