Seite - 139 - in Des Kaisers Leibarzt auf Reisen - Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832
Bild der Seite - 139 -
Text der Seite - 139 -
139
tem Kriterium, nach „dem Verlaufe und der Dauer“. Neben anhaltenden,
nachlassenden, hitzigen und langwierigen Fiebern finden sich hier die
„Wechselfieber (f. intermittentes)“ aufgezählt, die „bald den entzündlichen,
bald den nervösen Charakter an sich“ tragen.159 Bei der eingehenderen Be-
sprechung der Wechselfieber hält Raimann dann fest, dass sie durch immer
wiederkehrende Fieberschübe gekennzeichnet sind, die von fieberfreien
Phasen unterbrochen werden. „Ein Wechselfieber ist demnach eine durch
eine Reihe von Anfällen, die mit Fieberlosigkeit in einer gewissen Ordnung
abwechseln, sich offenbarende Krankheit.“160 Was nun die Ursache für das
Auftreten von Wechselfiebern sei, war durchaus unbekannt; ähnlich wie die
Frage nach dem Wesen des Fiebers allgemein musste auch die Frage nach
den Ursachen von Wechselfiebern unbeantwortet bleiben; alle bis dahin
aufgestellten, aus heutiger Sicht manchmal recht skurrilen Theorien darüber
verwarf Raimann:
„Unstreitig ist das Abwechseln von Fieberanfällen mit freyen Zwischenzei-
ten, in Verbindung mit der Selbstständigkeit des Fiebers, das wesentliche so-
wohl Kenn- als Unterscheidungszeichen dieser Krankheit von anderen Fie-
bern und fieberhaften Krankheiten; aber leider haben uns alle bisherigen For-
schungen, die sinnreichst ausgedachten Hypothesen über den Grund davon,
über die Natur oder so genannte nächste Ursache der Wechselfieber, keinen
befriedigenden Aufschluß gegeben. Die Annahme, daß eine besondere Fie-
ber-Materie sich typisch im Unterleibe erzeuge und ins Blut übergehe; – daß
ein periodischer Einfluß äußerer, in der Atmosphäre liegender, Umstände den
Grund enthalte; – daß eine gewisse periodische Stimmung des Nerven-
Systems zu beschuldigen sey; – daß nur Schwäche, Asthenie, den Grund ab-
gebe; – daß das Wesen der Wechselfieber in einem entzündlichen Zustande
der lymphatischen Gefäße, und Sprengels Meinung […], daß es in verhinder-
ter Zuleitung und Verbrauch der unwägbaren Stoffe (Imponderabilien) im
splanchnischen Systeme bestehe, sind theils leere, theils wenigstens unvoll-
ständige Hypothesen, auf welche ein nützlicher Heilplan nicht gestützt wer-
den kann.“161
Heute ist bekannt, dass unter Malaria – und unter diesem Begriff werden nun
die Wechselfieber zusammengefasst – Infektionen verstanden werden, die
durch von Stechmücken übertragene Protozoen der Gattung Plasmodium
159 Raimann, Handbuch, Bd. 1, S. 37.
160 Raimann, Handbuch, Bd. 1, S. 179.
161 Raimann, Handbuch, Bd. 1, S. 180f.
Des Kaisers Leibarzt auf Reisen
Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832