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ausgelöst werden.162 Raimann konnte das freilich noch nicht wissen, und so
konnte er nur Vermutungen anstellen, was die Ursache für die Wechselfieber
darstellen mochte. Dabei stützte er sich auf Beobachtungen, die ihn Schlüsse
ziehen ließen, welche zum Teil bereits in die richtige Richtung wiesen. So
räsonierte Raimann über „eine eigene Luft- und Witterungsbeschaffenheit,
welcher wir, ohne sie selbst genau zu kennen, die fast alljährlichen Wechsel-
fieber-Epidemien des Frühjahres und Herbstes zuschreiben.“ Das klingt ja
noch recht vage; im Folgenden aber bringt er das Auftreten von Wechselfie-
bern mit „lange dauernder Feuchtigkeit“, bei welcher „Wechselfieber ohne
Vergleich zahlreicher vor[kommen], als bey trockener und anhaltend warmer
oder kalter Luft“, in Zusammenhang. Und schließlich stellt Raimann einen
Konnex zwischen Wechselfiebern und Wasser, genauer gesagt Seen und
anderen Gewässern, sowie feuchten Wohnverhältnissen her:
„Dieß bestätigen auch die endemischen Wechselfieber in Gegenden, wo gro-
ße Teiche, Seen, Sümpfe faule Ausdünstungen (Sumpfluft), wie besonders
während der warmen Jahreszeit, verbreiten, in engen, von hohen Bergen und
Wäldern begränzten, darum oft neblichten, feuchten, naßkalten und einem
großen Wechsel der Witterung und Temperatur unterworfenen Thälern, und
in feuchten, dumpfigen, tief liegenden Wohnungen.“163
Damit hatte Raimann eine indirekte Ursache für die Malaria, deren Name
sich übrigens von der irrigen Annahme, dass schlechte Luft, also mala aria,
für die Fieberschübe verantwortlich sei, ‚erkannt‘: Gewässer und feuchtes
Klima schaffen, im Verein mit Hitze, ideale Bedingungen für die Vermeh-
rung jener Stechmücken, die den Krankheitserreger übertragen. Freilich war
dies Raimann nicht bewusst, er meinte noch vage, es läge an der Feuchtig-
keit selbst. Außerdem nannte er noch weitere Ursachen für Wechselfieber,
die wohl kaum je Malaria hervorgerufen haben, unter anderem Erkältung
durch kalte Bäder, Unverdaulichkeit von harten Eiern oder Austern, „un-
schickliche Mischungen“ von Schweinefleisch mit kaltem Wasser oder von
Gurkensalat und säuerlichem Obst mit Milch oder Milchspeisen, weiters
Schrecken und Zorn und die „Hemmung naturgemäßer und gewohnter Säf-
teausleerungen, als: der Menstruation, des Hämorrhoidalflusses“, oder auch
die „Hinderung eines Gichtanfalles in seiner Ausbildung an den Gelenken.“
Und zu guter letzt deutet Raimann an, dass „vielleicht auch ein Anste-
162 Zur Malaria vgl. Zink, Pschyrembel Klinisches Wörterbuch, S. 1012-1014.
163 Raimann, Handbuch, Bd. 1, S. 197.
Des Kaisers Leibarzt auf Reisen
Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832