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Zum Abschluss besichtigte Raimann noch das Krankenhaus von Parenzo,
das sich in einem jämmerlichen Zustand befand, weil „Niemand Lust habe
die ausständigen Zahlungen einzutreiben.“ Nun, wen wundert’s, bei der in
Poreč notorischen Trägheit? Schlimm war das allerdings für die Kranken, für
die „gar nicht gekocht wird, daher sie nur jene Nahrung haben, welche ihnen
von den Verwandten aus der Stadt zugeschickt wird.“ Raimann scheint in
Poreč dem Negativen besondere Aufmerksamkeit gewidmet zu haben; von
der größten Sehenswürdigkeit des alten Parenzo berichtet er uns nichts: „Die
heute trotz allen touristischen Anstrengungen noch schlichte und stille Stadt
ist vor allem berühmt durch ihren Dom, die Euphrasius-Basilika“. Zwar war
diese Kirche zur Zeit seines Besuches noch nicht entbarockisiert, dennoch
entging ihm so „ein Komplex frühchristlicher Kunst, der so gut erhalten ist,
wie man es nicht in Grado und so umfassend kaum in Ravenna findet.“168
Auch wenn man damals die Spätantike nicht allzu hoch schätzte, vielleicht
hätte ein Besuch der Basilika geholfen, Raimann ein positiveres Gesamtbild
von Parenzo zu vermitteln.
Am 29. Mai 1832 fuhr man nach der Abreise von Parenzo zunächst zurück
in Richtung Nordosten nach Visinada/Vižinada, um sich dort nach Süden zu
wenden und über Coroiba/Karojba und Pisino/Pazin nach Gimino/Žminj zu
reisen, wo man dann nach Westen abbog und Rovigno/Rovinj zustrebte,
welches um 16 Uhr erreicht wurde. (Der direkte Weg von Parenzo nach Ro-
vigno wird ja durch den Limski-Fjord abgeschnitten, sodass der weiträumige
Umweg aus reisetechnischen Gründen notwendig war; heute umfährt man
den Limski-Kanal wesentlich kleinräumiger.) Unterwegs war die Gegend
recht karg, Raimann berichtet von teils mit Getreide und Wein bebauten
Flächen, teils auch von unbebautem Land, das lediglich von Strauchwerk
und kleinen Gruppen von Bäumen bewachsen war. Bei Rovigno aber gab es
wieder „Wälder von Oehlbäumen“, und in seinem Quartier in jener Stadt
erwarteten ihn Rosen, Kirschen und Ananas-Erdbeeren. Raimann berichtet
von den klimatischen Bedingungen in Rovigno, so etwa, dass die Stadt „viel
von Gewittern und Hagel“ zu leiden habe, und teilt mit, dass die Bevölke-
rung daselbst 11.000 „Seelen“ betrug. Anders als in Parenzo besuchte Rai-
mann die der heiligen Euphemia geweihte Domkirche Rovignos, die er als
„groß, freundlich, im neueren Style gebaut“ beschreibt. Der Stil sollte bald
noch neuer werden: 1861 erhielt diese Kirche eine neuromanische Fassade.
Raimann stellte in Rovigno die üblichen Beobachtungen an: Der in Rovigno
168 Zürcher, Friaul und Istrien, S. 410.
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Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832