Seite - 148 - in Des Kaisers Leibarzt auf Reisen - Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832
Bild der Seite - 148 -
Text der Seite - 148 -
148
dreimal Knödel, ‚weil dieses die Alltagsnahrung des gemeinen Mannes in
Tirol ist‘ – doch wurde nunmehr zumindest am Sonntag Fleischsuppe mit
Brot und als Hauptspeise ein Stück Fleisch von einem halben Pfund ge-
reicht.“180 Geschlafen wurde auf Holzpritschen und Strohsäcken, die immer-
hin zweimal jährlich neu befüllt wurden, und strikt wurde beim Schlafen
(wie auch beim Kirchgang) auf die Trennung der Geschlechter geachtet. Und
war ein Insasse krank, so konnte er sich Hilfe von dem seit 1769 täglich das
Zuchthaus besuchenden städtischen Arzt erwarten, und auch ein Hausseel-
sorger stand für die Betreuung zur Verfügung. Zumindest den Statistiken
zufolge griffen die im Strafhaus vorgenommenen Erziehungsmaßnahmen:
„Von 3031 in der Zeit von 1818 bis 1835 in der Innsbrucker Strafanstalt
inhaftierten Männern und Frauen wurden entsprechend den offiziellen An-
gaben lediglich 416 erneut straffällig (13,7 %).“181 Das ist keine schlechte
Resozialisierungsquote.
Gerhard Ammerers und Alfred Stefan Weiß’ Schilderung des Gefängnisle-
bens im Innsbrucker Strafhaus, die wir hier paraphrasiert haben, deckt sich
mit Raimanns Beobachtungen im Innsbrucker Gefängnis, die vorgezogen
und bereits hier präsentiert werden soll. Raimann schreibt über das Strafhaus
in Innsbruck:
„Das Straf-Arbeitshaus am linken Ufer des Inn, auch den Ueberschwemmun-
gen desselben zu Zeiten ausgesetzt, zu ebener Erde feucht, dumpfig, bey dem
Stande von 362 Sträflingen, am 7. July, überfüllt. Es verdient das ihm ertheil-
te Lob der darin herrschenden Reinlichkeit, Ordnung und Arbeitsamkeit.
Fabrizirt werden Leinwand, und verschiedene Schafwollen-, Baumwollen- u
Seiden-Waaren; auch macht man Tischler-, Schuster-, Schneider-
Arbeiten.“182
Das Leben im Gefängnis von Rovigno muss man sich ähnlich wie das in der
Innsbrucker Strafanstalt, die ja als Modell für Rovigno gedient hatte, vorstel-
len; ob in Rovigno ähnliche Erfolgsquoten bei der Besserung der Sträflinge
erzielt wurden, muss hier offen bleiben. Der Obrigkeit jedenfalls erschienen
die Erfolge bei der Erziehung der Bevölkerung, wie sie in den Zucht- und
Arbeitshäusern z. B. von Innsbruck und Rovigno erzielt wurden, nicht als
ausreichend; sie ließ sich neue Methoden der Haft einfallen. Die Separation
180 Ammerer, Weiß, „Jede Besserung … ist dem Staate nützlich“, S. 116.
181 Ammerer, Weiß, „Jede Besserung … ist dem Staate nützlich“, S. 120.
182 Der Leser findet diese Passage bei Raimanns Schilderung von Innsbruck, auf der
dritten Seite des 10. Bogens seines Reiseberichts.
Des Kaisers Leibarzt auf Reisen
Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832