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Hofjagd-Wundarzt Kammerlacher begaben sich auf die Jagd nach Skorpio-
nen, von welchen „Thierchen“ auch „zweye aufgefunden“ wurden. Heute
tummelt sich nicht nur giftiges Getier zwischen den antiken Mauern: In den
Gewölben unter den ehemaligen Sitzreihen befindet sich nun ein Museum
zum antiken Wein- und Ölanbau in Istrien. Anders als vom Gefängnis von
Rovigno fertigte Raimann keine Skizze von der Arena von Pola an – er war
der Auffassung, dass seine Zeichenkünste dazu nicht ausreichten: „Nur eine
Zeichnung eines Kunstkenners u Künstlers vermöchte sowohl dieses als die
übrigen Denkmähler römischer Baukunst anschaulich zu machen.“ Heute
kann, der fortschreitenden Zivilisation sei Dank, jeder auch nur mittelmäßig
begabte Tourist brauchbare Photographien von den Relikten der Antike an-
fertigen, und auch der Bildbände zu diesen Monumenten sind viele.197
In Pola vergönnte Raimann seinen stets auf medizinische Dinge gerichteten
Sinnen eine Pause – hier hören wir nichts von Krankheiten und Krankenhäu-
sern. Stattdessen widmete er seine Aufmerksamkeit ganz den zahlreichen
Altertümern, von denen er außer dem Amphitheater noch die dem Augustus-
und der Roma geweihten Tempel, den Sergier-Bogen und die Einfassung
einer Quelle nennt. Vom erwähnten Zwillingstempel war damals schon nur
mehr der dem Augustus und der Roma geweihte Tempel, der in christlicher
Zeit in eine Marienkirche umgewandelt worden war, relativ vollständig er-
halten; bei diesem um die Zeitenwende errichteten Podiumstempel handelt
es sich um „einen der unversehrtesten und bedeutendsten viersäuligen
Prostyloi der römischen Welt.“198 Der zweite Tempel, der wohl der Diana
und dem Herkules geweiht war, wurde in venezianischer Zeit in den Bau
eines neuen Gebäudes miteinbezogen, sodass heute nur mehr seine Rück-
wand zu sehen ist, die, wie Raimann berichtet, „die hintere Seite des Stadt-
hauses bilden hilft“. Im Augustus-Tempel sah Raimann „Trümmer von röm.
Grabsteinen mit Inschriften“ – seit 1802 war in diesem Gebäude ein Lapida-
rium eingerichtet. Der von Raimann erwähnte Sergier-Bogen, der auch „Por-
ta Aurea“ genannt wird (Raimann zieht die beiden Bezeichnungen zusam-
men zu „Porta aurea Sergii“, wobei er den Namen des Sergius der an dem
Bogen angebrachten Inschrift entnimmt, das „aurea“ aber so erklären will,
197 So werden die antiken Sehenswürdigkeiten von Pola sehr schön ins Bild gesetzt und
auch knapp, aber brauchbar beschrieben in: Vittorio Galliazzo, Piero Codato, Massimo
Venchierutti, Die Adria. Kunst und Kultur der nördlichen Adriaküste (München 2002),
S. 252-263.
198 Galliazzo, Codato, Venchierutti, Die Adria, S. 257 (Abbildungstext).
Des Kaisers Leibarzt auf Reisen
Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832