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dass die Buchstaben der Inschrift einst vergoldet gewesen waren), erschien
ihm „in dem schönsten Style erbaut“ und ein „Prachtwerk“ zu sein. Rai-
manns ungenaue Beschreibung des Sergier-Bogens sei hier durch Vitorrio
Galliazzos Ausführungen ergänzt:
„Von den Gebäuden privaten Charakters verdient der Triumphbogen der Ser-
gier, der die Bedeutung eines Familien- und vielleicht Grabmonuments hatte,
in Pula die größte Beachtung. Er wurde nach Meinung einiger Wissenschaft-
ler zwischen 25 und 10 v. Chr. errichtet, heute aber hält man ihn nach einge-
henderen Untersuchungen für ein Werk aus der Epoche des Tiberius (14-37 n.
Chr.). Dieser Ehrenbogen wurde außerhalb der Stadt, unmittelbar bei einem
der Stadttore an der Straße nach Tarsatica (das heutige Rijeka) erbaut. Er
weist eine Bogenöffnung mit seitlichen Pylonen auf, die von je einem Säu-
lenpaar mit korinthischen Kapitellen geziert werden. Auf den Kapitellen ruht
das Gebälk, das eine mit Widmungsinschriften versehene Attika trägt, auf der
einige Bronzestatuen der Familie gestanden haben müssen. Der Triumphbo-
gen der Sergier zeigt Bauschmuck wie Rankenwerk, Rüstungen, Festons und
Gesimse, außerdem Figuren wie Siegesgöttinnen, Eroten, eine Selene-Luna
auf einem von schnellen Pferden gezogenen Wagen, eine Schlange im Kampf
mit einem Adler und Delphine, die eine in augusteischer und tiberianischer
Zeit ziemlich geläufige Formensprache offenbaren – aber auch an die Kunst
der Stadt Pergamon denken lassen.“199
Gut möglich, das mit den Schätzen aus dem kleinasiatischen Pergamon, das
ja bekanntlich die Römer im Jahr 133 v. Chr. von seinem letzten König,
Attalos III., geerbt haben, auch Formen des Bauschmucks nach Westen ge-
langt sind und, über hundert Jahre später, auch die Architektur Istriens berei-
chert haben. (Und wenn heutige Kunsthistoriker Pola mit Pergamon in stilis-
tische Verbindung setzen, dann darf erst recht Raimann das Innsbrucker
Franzenstor mit dem Sergier-Bogen in Pola vergleichen.) Derlei Spekulatio-
nen nachzugehen, ist hier allerdings nicht der Ort, und auch die weiteren
Relikte aus der Antike, von denen als die bedeutenderen etwa noch die Reste
der Stadtmauer, das Herkules-Tor, die Porta Gemina und die Reste der bei-
den Theater genannt seien, sollen nicht weiter besprochen werden. Freilich
gäbe es da noch viel zu erzählen, und auch die Geschichte von Pola von der
Ur- und Frühgeschichte an über die römische Zeit bis in die Spätantike und
ins Mittelalter hinein wäre ein hochinteressantes Sujet;200 allein Raimann
199 Galliazzo, Codato, Venchierutti, Die Adria, S. 256f.
200 Zur prähistorischen, antiken und mittelalterlichen Geschichte Polas vgl. Vesna Jurkić
(Red.), Archäologisches Museum Istriens in Pula. Führer III (Pula ²1982). Die Kombina-
Des Kaisers Leibarzt auf Reisen
Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832